Urheberrechtlicher Schutz der Architektenleistung – Schadensersatz

Urheberrechtlicher Schutz der Architektenleistung – Schadensersatz

1. Sachverhalt

Welcher Planer kennt die folgende Situation nicht?

Die Bauherren suchen den Architekten auf und erläutern ihm ihre Vorstellungen von ihrem zukünftigen Bauvorhaben. Im Einvernehmen mit den Bauherren, jedoch ohne Vertragsschluss ermittelt der Architekt die Grundlagen, erstellt eine Vorplanung und schließlich die Entwurfsplanung. Dann geht es nicht mehr weiter. Auf Nachfrage des Architekten erklären ihm die Bauherren, dass ihnen der Entwurf nicht gefallen habe oder dass eine ausreichende Finanzierung nicht gesichert sei oder dass sie das Bauvorhaben aufgegeben oder verschoben hätten. Der Architekt verfolgt die Angelegenheit zunächst nicht weiter, bevor er Jahre später zufällig feststellt, dass genau sein Entwurf ganz oder teilweise durch die Bauherren auf dem, für das Bauvorhaben vorgesehenen Baugrundstück umgesetzt worden ist.

2. Rechtslage

Die planerische Leistung des Architekten begründet Urheberrechtsschutz, wenn eine gewisse Gestaltungshöhe, Individualität, also eigenpersönliche Leistung vorliegt. Dies ist in der Mehrzahl der Fälle gegeben. Haben die Parteien keinen Architektenvertrag geschlossen, so hat dies zwei Folgen. Zum einen kann der Architekt gegenüber den Bauherren seine Leistung nicht abrechnen, zum anderen hat der Bauherr kein Nutzungsrecht am Urheberrecht des Architekten erworben. Daraus ergibt sich, dass der Bauherr mit der Umsetzung der Planung des Architekten gegen das Urheberrecht des Architekten verstoßen hat. Die Rechtsfolge daraus ist ein Schadensersatzanspruch des Architekten gem. § 97 Abs. 2 UrhG. Der Architekt kann also Schadensersatz verlangen. Um diesen

Schadensersatzanspruch realisieren zu können, hat der Architekt sogar einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Bauherrn, um im Detail prüfen zu können, inwieweit seine Planung tatsächlich umgesetzt wurde, denn vielfach kann dies durch eine bloße visuelle Betrachtung der vom öffentlichen Verkehrsraum sichtbaren Außenhaut des Gebäudes nicht abschließend beurteilt werden. Steht fest, dass die Planung ganz oder teilweise verwertet wurde, so ermittelt sich der Schadensersatzanspruch des Architekten im Rahmen der sogenannten Lizenzanalogie. Gemeint ist damit, dass ihm der Schaden in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr zu erstatten ist. Da es naturgemäß schwierig ist, einen solchen Schaden zu beziffern, stellt sich die Frage, ob auch eine Abrechnung der Leistung nach HOAI möglich ist. Obschon die HOAI dafür nicht unmittelbar anwendbar ist, kann nach der überwiegenden Rechtsprechung der Obergerichte auf die einzelnen Leistungsbilder des § 15 HOAI zurückgegriffen werden. Sowohl bei der Entwurfsplanung, als auch bei der Ausführungsplanung handelt es sich um typische urheberrechtsrelevante Leistungen. Im Regelfall können zumindest die Leistungsphasen 1-3 abgerechnet werden. Dabei legt der Architekt seiner Berechnung die Kostenschätzung zugrunde, die er im Rahmen der Vorplanung als Grundleistung erbracht hat. Fehlt es daran, so wird er nachträglich eine Kostenschätzung vornehmen. Für die Abrechnung wird er regelmäßig die Honorarzone III

heranziehen und den Mittelsatz zugrunde legen. Ersparte Aufwendungen sind nicht abzuziehen, soweit sich die Abrechnung auf die Leistungsphasen 1-3 beschränkt.

3. Empfehlung

Wer infolge der Baukrise als Architekt derzeit nicht ausgelastet ist, sollte durchaus einmal die Bauplätze der Bauherren aufsuchen, bei denen es trotz Entwurfsplanung nicht über die bloße Akquise hinausgegangen ist.

Eine solche Spazierfahrt kann sich lohnen.

RA Raber, 10.10.2024

(OLG Celle, Urteil vom 02.03.2011 – 14 U 140/10; OLG Hamm, Urteil vom 20.04.1999 4 U 72/97;

OLG Nürnberg, Urteil vom 15.07.1997 3 U 290/97; LG Oldenburg, Urteil vom 05.06.2013 5 O 3989/11)

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