Schadensersatz ohne Mangelbeseitigung – Wohin geht die Reise?

Geklagt

Die Kläger erwarb vom Beklagten eine Eigentumswohnung. Im Kaufvertrag räumt der Verkäufer ein, dass es in der Vergangenheit an einer Wand Feuchtigkeit gab und verpflichtet sich gegenüber den Käufern, sollte es erneut zu Feuchtigkeit kommen, diese auf eigene Kosten zu beseitigen. Nach Abschluss des Kaufvertrages kam es erneut zu Feuchtigkeit, der Aufforderung zur Beseitigung kam der Verkäufer nicht nach. Die Kläger erhoben Klage und machten voraussichtliche Mangelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer gegen den Verkäufer geltend.

Entschieden

Der für das Kaufrecht zuständige 5. Senat des Bundesgerichtshofs gab den Klägern Recht. Nach den kaufrechtlichen Bestimmungen haben die Kläger Anspruch auf Ausgleich des mangelbedingten Minderwertes oder Ersatz voraussichtlich erforderlicher Mangelbeseitigungskosten. Dabei ist es unerheblich, dass die Kläger den Mangel noch gar nicht beseitigt haben, es sich also um einen fiktiven Anspruch handelt. Der Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer entsteht allerdings erst mit Mangelbeseitigung.

Kommentiert

Die Entscheidung hätte bis zum Februar 2018 noch wenig Aufsehen erregt, da sie ständiger Rechtsprechung des BGH entspricht. Dies änderte sich am 22.02.2018, als der für das Baurecht zuständige 7. Senat mit einer Rechtsprechungsänderung den Schlussstrich unter die Geltendmachung fiktiver Schadensersatzansprüche zog und diesen Schlussstrich auch in nachfolgenden Entscheidungen bestätigte. Der 5. Senat begründet jedoch nachvollziehbar, dass sich daraus kein Widerspruch ergibt, denn den sich scheinbar widersprechenden Entscheidungen der beiden Senate liegen unterschiedliche Rechtsgebiete zugrunde, das Kaufrecht einerseits und das Werkvertragsrecht andererseits. Stellt sich im Rahmen der werkvertraglichen Gewährleistung heraus, dass die Leistung mangelhaft ist, kann der Bauherr einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses auf die voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten gerichtlich durchsetzen. Ein solches Recht gibt das Kaufrecht dem Käufer einer mangelhaften Sache nicht. Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, dem Käufer weiterhin den sogenannten kleinen Schadensersatzanspruch auch dann zuzubilligen, wenn der Mangel noch gar nicht beseitigt ist. Die Entscheidung des 5. Senats ist zu begrüßen. Sowohl der Bauherr, als auch der Erwerber hat im Rahmen eines Bauträgervertrages die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche, wozu auch der Vorschussanspruch gehört. Der Käufer einer bereits errichteten Immobilie hingegen hat diesen Anspruch nicht. Müsste er den Mangel der Kaufsache erst beseitigen, bevor er Schadensersatz verlangen könnte, so müsste er die Schadensbeseitigung vorfinanzieren, um anschließend den ihm tatsächlich entstandenen Schaden bei ungewissem Ausgang einzuklagen.

BGH Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19

RA Raber, 16.04.2021

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