Kündigung – Arbeitnehmer muss sich um anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bemühen

Geklagt

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt. Der Arbeitnehmer legt Kündigungsschutzklage ein. Der Arbeitnehmer gewann den Prozess schließlich in zweiter Instanz. Er machte nunmehr den seit Ablauf der Kündigungsfrist offenen Lohn gegen den Arbeitgeber geltend. Während dieses Zeitraums hatte sich der Arbeitnehmer arbeitssuchend gemeldet und Arbeitslosengeld bezogen.

Gegenüber der Bundesagentur für Arbeit stellte er von vornherein klar, dass er auf seinen alten Arbeitsplatz zurückkommen wolle, Bemühungen zur Eingehung eines anderweitigen Arbeitsverhältnisses unternahm er nicht.

Der Arbeitgeber wirft dem Arbeitnehmer vor, er habe es böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen, weshalb der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von rückständigem Lohn (Annahmeverzugslohn) nicht bestehe.

Entschieden

Weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zeitnah im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutzprozess auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten hin und ergeben sich daraus alle erforderlichen Angaben zur Prüfung der Zumutbarkeit, nämlich Art, Inhalt der Tätigkeit, Arbeitsort und Verdienstmöglichkeiten, so muss sich im zweiten Schritt der Arbeitnehmer erklären, wie er sich mit den vom Arbeitgeber überlassenen Stellenangeboten auseinandergesetzt und was er unternommen hat.

Zumutbar ist die Annahme einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer unter Beurteilung des jeweiligen Einzelfalles. Dabei kommt es auf die Person des Arbeitgebers, die Art der Arbeit, den Arbeitsbedingungen, Art, Zeit und Ort der Beschäftigung sowie natürlich des Verdienstes an. Eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und des Verdienstes muss der Arbeitnehmer nicht akzeptieren.

Ergibt sich, dass die dem Arbeitnehmer übermittelten Stellenangebote geeignet sind und eine zumutbare Arbeit zum Inhalt haben, ist der Arbeitnehmer aber gleichwohl untätig geblieben, trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Bewerbung auf eine solche Stelle erfolglos geblieben wäre.

Gelingt ihm dieser Beweis nicht, hat er anderweitige Verdienstmöglichkeiten böswillig unterlassen, sodass er keinen Anspruch auf Zahlung des Annahmeverzugslohns hat.

Kommentiert

Unser Land befindet sich im dritten Jahr der wirtschaftlichen Stagnation. Dies hat Folgen für die Arbeitsplätze. Betriebsbedingte Kündigungen nehmen wieder zu, ebenso damit die Kündigungsschutzverfahren.

Arbeitgeber werden regelmäßig versuchen, bereits im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht eine vergleichsweise Einigung herbeizuführen, wonach die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat, dies gegen Zahlung einer Abfindung.

Einigen sich die Parteien hingegen nicht, muss entschieden werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung können Jahre vergehen.

Wird letztlich rechtskräftig festgestellt, dass die Kündigung des Arbeitgebers unwirksam war, muss er den seit Ablauf der Kündigungsfrist aufgelaufenen Lohn, gegebenenfalls die Differenz zum Arbeitslosengeld nachzahlen. Es geht dabei um fünf teilweise sechsstellige Summen.

Kommt es nicht zu einer Einigung im Gütetermin, müssen sich Arbeitgeber Gedanken darüber machen, wie sie das Annahmeverzugsrisiko vermindern. Wie dies geschehen kann, hat das BAG deutlich gemacht.

Jeder Arbeitgeber sollte nicht nur einmal, sondern ständig während des Verfahrens offene Stellen auch bei der Bundesagentur einsehen, sich über die Konditionen, also Art der Arbeit, Inhalt, Arbeitsort und Verdienstmöglichkeiten informieren und dem Arbeitnehmer diese Informationen zukommen lassen.

Maßstab dafür, was der Arbeitnehmer nicht annehmen muss, ist eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und des Verdienstes“. Je mehr Sie an Angeboten übermitteln, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Annahmeverzugsrisiko minimiert wird.

RA Raber, 26.05.2025

BAG Urteil vom 15.01.2025 - 5 AZR 273/24

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