Die Mehrwertsteuer wurde bekanntlich von 19 % ab 01.07.2020 auf 16 % abgesenkt.
Mit Wirkung ab 01.01.2021 beträgt die Umsatzsteuer wieder 19 %.
Maßgeblich ist bei umsatzsteuerpflichtigen Geschäften wie Bauverträgen der Zeitpunkt der Leistungserbringung.
Dies ist die Abnahme.
Fiel die Abnahme in einen Zeitraum vor dem 01.07.2020, betrug der Mehrwertsteuersatz 19 %, fiel die Abnahme in den Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2020, beträgt der Mehrwertsteuersatz 16 %, erfolgt die Abnahme nach dem 31.12.2020 gilt wiederum 19 %.
Was aber gilt in folgenden Fällen:
1. Der Bauvertrag endet durch Kündigung durch eine Vertragspartei.
Grundsätzlich gilt der Umsatzsteuersatz, der zu dem Zeitpunkt gültig ist, in welchem die Leistung als ausgeführt gilt.
Bei der Kündigung eines Bauvertrages gilt als Zeitpunkt der Ausführung der Leistung der Tag des Zugangs der Kündigung.
2. Kann der Vertrag nachträglich in Teilleistungen aufgesplittet werden?
Da es für den Umsatzsteuersatz auf den Zeitpunkt der Endabnahme ankommt, ist eine Aufsplittung nur insoweit denkbar, als es sich um Teilleistungen handelt, die sich als wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen darstellen.
Es müssen daher wirtschaftlich abgrenzbare Teile eines Werkvertrages sein und die jeweilige Teilleistung muss abgenommen sein (Teilabnahme).
Zugleich müssen die Parteien vor dem jeweiligen Stichtag vereinbart haben, dass für die Teilleistung ein entsprechendes Teilentgelt zu zahlen ist.
Dieses muss sodann gesondert zum jeweiligen Mehrwertsteuersatz abgerechnet werden.
3. Welcher Mehrwertsteuersatz ist maßgeblich, wenn die Werkleistung abnahmefähig ist, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt abgenommen wird?
Für die Höhe des Untersteuersatzes kommt es nicht darauf an, wann die Bauleistung abnahmefähig war, wann also Abnahmereife bestand, sondern wann tatsächlich die Abnahme durchgeführt wurde.
4. Besteht ein Anspruch auf Anpassung eines Festpreises aufgrund der Mehrwertsteueränderung?
Festpreisabreden werden üblicherweise in Verbraucherbauverträgen mit Generalübernehmern geschlossen.
Dort finden sich generell Klauseln, wonach die Preisanpassung im Falle einer Mehrwertsteueränderung erfolgt.
Dies gilt sowohl für die Mehrwertsteuererhöhung, als auch für deren Absenkung.
Ungeachtet dessen kann eine Vertragspartei bei einem Vertrag, der länger als vier Kalendermonate vor einer Umsatzsteueränderung abgeschlossen worden ist, von der anderen Seite einen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen (§ 29 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 UStG).
Dies gilt dann nicht, wenn die Parteien ausdrücklich Preisanpassungsansprüche infolge von Umsatzsteueränderungen ausgeschlossen haben, also ausdrücklich eine, die Mehrwertsteuererhöhe unberücksichtigt lassende Bruttofestpreisabrede getroffen haben.
5. Welche Folgen hat die Mehrwertsteueränderung bei Bauträgerverträgen?
Bauträgerverträge sind steuerlich Grundstücksgeschäfte.
Sie sind folglich nicht umsatzsteuerpflichtig, sondern grunderwerbssteuerpflichtig.
Eine Mehrwertsteueränderung wirkt sich folglich auf den Bauträgervertrag nicht aus.
Allerdings gibt es Bauträgerverträge die Preisanpassungsklauseln beinhalten, denn eine Mehrwertsteueränderung wirkt sich für den Bauträger auf dessen Herstellungskosten aus, denn der Bauträger kann aus seinen Baukosten keine Vorsteuer geltend machen.
Relevant dürfte dies allerdings nur für die Fälle einer überraschenden Mehrwertsteueranhebung nach Abschluss des Bauträgervertrages sein, also dann, wenn der Bauträger bei Abschluss des Bauträgervertrages die Bauleistung zu dem geringeren Mehrwertsteuersatz eingepreist hat.
Dies dürfte vorliegend im Falle einer bloßen temporären Mehrwertsteuerabsenkung auszuschließen sein.
RA Raber, 14.12.2020