Das neue Sorgerecht für Väter nichtehelicher Kinder ist auf einem guten Weg!

Achtung Update:Sorgerechtsreform tritt am 19.05.2013 in Kraft

1. Derzeitige Rechtslage

Die Ansagen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgericht bereits vor nun gut 2 1/2 Jahren waren deutlich.

So hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 21.07.2010 die Regelungen der §§ 1626 a Abs.1 Nr. 1 und 1672 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches für verfassungswidrig erklärt und angeordnet, dass zur Sicherung des Rechtsanspruches des Vaters bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Gesetzesänderung die Familiengerichte verpflichtet sind die elterliche Sorge oder einen Teil davon entweder den Eltern gemeinsam oder einem Elternteil allein zu übertragen.

Auf Basis dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts waren und sind somit bereits seit dem Jahre 2010 Anträge von Vätern auf das gemeinsame Sorgerecht möglich.

Die Anforderung an eine gerichtliche Anordnung der gemeinsame Sorge sind nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts allerdings insoweit sehr hoch als das Familiengericht positiv feststellen muss, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht. Dies erweist sich in der Praxis häufig als schwierig, hilft den Vätern nichtehelicher Kinder also nur bedingt weiter.

Die zurückhaltende Regelung des Bundesverfassungsgerichts erklärt sich zwangslos daraus, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber nicht weiter vorgreifen wollte als nötig.

2. Zum Stand und Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens

Der Bundestag hat am 31.01.2013 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs.17/11048 in der Fassung der Empfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 17/12198) zugestimmt.

Damit hat das Gesetz die erste wichtige Hürde im Gesetzgebungsverfahren erfolgreich genommen.

Der Bundesrat kann nun noch den Vermittlungsausschuss anrufen. Erfolgen dort noch Änderungen muss der Bundestag diesen erneut zustimmen.

Danach kann der Bundesrat zwar noch Einspruch einlegen. Ein solcher Einspruch kann und würde aber aller Vorsausicht nach vom Bundestag überstimmt werden.

Danach kann der Bundesrat das Inkrafttreten des Gesetzes zwar möglicherweise noch verzögern, im Ergebnis aber nicht verhindern.

Das ZDF hat gestern Abend als möglichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung diesen Sommer genannt, was angesichts der endenden Legislaturperiode quasi der letztmögliche Zeitpunkt ist.

Es kann aber auch schneller gehen, insbesondere wenn der Bundesrat den Vermittlungsausschuss nicht anruft und/oder sein anschließendes Einspruchsrecht nicht ausübt.

3. Änderungszwang

Das Gesetzt ist nicht dem Aktionismus der Politik geschuldet, sondern vielmehr dem Umstand, dass das deutsche sog. „Vetorecht“ von Müttern nichtehelicher Kinder beim Sorgerecht des Vaters, wie eingangs dargestellt, bereits vor Jahren sowohl vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als auch vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt wurde.

Die danach zum Teil unwirksamen Regelungen in den §§ 1626 a und 1672 des Bürgerlichen Gesetzbuches werden nach dem vorliegenden Gesetzentwurf neu gefasst.

Vätern von nichtehelichen Kindern wird in Deutschland damit erstmalig gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, das gemeinsame Sorgerecht auch ohne Zustimmung der Mutter durchsetzen zu können.

4. Zwei Lösungsmodelle

Es standen und stehen grundsätzlich zwei Modelle zur Diskussion, zwischen welchen sich der Gesetzgeber entscheiden musste.

a) die Widerspruchslösung (kommt nicht)

Bei der sogenannten Widerspruchslösung, nach welcher die gemeinsame Sorge kraft Gesetzes automatisch gilt, haben beide Elternteile das Recht gegen die gemeinsame Sorge Widerspruch einzulegen, über den dann das Familiengericht zu befinden hätte.

b) die Antragslösung (wird nun Gesetz)

Bei der sogenannten Antragslösung, für welche sich der bereits der Gesetzentwurf und jetzt auch der Bundestag entschieden hat, bleibt es zunächst bei der alleinigen Sorge der Mutter von nichtehelichen Kindern.

Der Vater hat jedoch das Recht, wenn die Mutter sich weigert, der gemeinsamen Sorge zuzustimmen, diese beim Familiengericht zu beantragen.

Das Familiengericht muss die gemeinsame Sorge dann anordnen, wenn diese dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht wird gesetzlich vermutet.

Diese gesetzliche Vermutung erleichtert den Vätern grundsätzlich die Durchsetzbarkeit.

Die Mutter kann gegen die Vermutung Einwände erheben.

Das Gericht muss dann prüfen, ob diese Einwände berechtigt sind und/oder andere Gründe vorliegen, welche die gesetzliche Vermutung widerlegen.

5. Fazit

Mit der Antragslösung und der dort geregelten gesetzlichen Vermutung zu Gunsten der gemeinsamen Sorge wird der Gesetzgeber, nachdem er sich fast drei Jahre Zeit gelassen hat, nunmehr ein Instrument schaffen, welches die Durchsetzung der gemeinsamen Sorge für Väter nichtehelicher Kinder ganz erheblich erleichtern soll.

Ob dies in der Praxis d.h. bei notwendigen gerichtlichen Entscheidungen dann auch so umgesetzt wird, wie es sich der Gesetzgeber vorstellt, bleibt abzuwarten.

Eines steht aber bereits jetzt fest: Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Den Verfechtern der Widerspruchslösung ist darin zuzustimmen, dass diese für Väter nichtehelicher Kinder auf den ersten Blick wünschenswerter erscheint, da man danach keinen Antrag stellen muss, wenn man die gemeinsame Sorge ausüben will. Das hat einen gewissen Charme.

Zudem hätte die Widerspruchslösung den Vorteil, dass der ohnehin überwiegende Teil der Eltern nicht ehelicher Kinder, welcher sich schon jetzt ohne gerichtliche Hilfe auf die gemeinsame Sorge verständigt, die Abgabe einer Sorgeerklärung ersparen würde.

Andererseits ist der damit verbundene, nach der Antragslösung bestehenbleibende Aufwand überschaubar, da die Eltern ohnehin die Anerkennung der Vaterschaft beim Jugendamt beurkunden lassen müssen.

Damit wären die Vorteile der Widerspruchslösung abschließend aufgezählt.

Viel ist das bei näherer Betrachtung der Sache nicht.

Ob die Widerspruchslösung, jedenfalls in der Form, wie sie propagiert wird (Notwendigkeit der Feststellung des Kindeswohl bei Antrag ohne gesetzliche Vermutung), tatsächlich die bessere Lösung aus Sicht der Väter wäre, ist mehr als fraglich.

Dies deshalb, da dies letztendlich die derzeit bestehende und oben näher dargestellte strengere Rechtslage nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts manifestieren würde.

Dies wäre für die sorgeberechtigten Väter ein deutliches Minus und somit das falsche Signal.

Nach der Antragslösung wird es vielmehr so sein, dass, wie bislang auch, die große Vielzahl vernünftiger Eltern zusammen mit der Vaterschaftsanerkennung eine gemeinsame Sorgeerklärung beim Jugendamt abgibt.

Auch die wenigen Fälle in denen Väter kein Interesse an einer gemeinsamen Sorge haben, sind nach der Antragslösung insoweit besser gelöst, als diese Väter den Müttern jedenfalls beim Sorgerecht nicht im Weg stehen.

Vor dem Familiengericht werden bei der Antragslösung somit nur die Fälle landen, für die das Gesetz notwendig ist, nämlich für den Typ von Müttern, die bislang engagierten Vätern notorisch das Sorgerecht vorenthalten.

Hier werden sich die Familiengerichte, wie auch bislang, einiges an unbegründeten Ausreden und Vorwänden der Mütter anhören müssen, können dann aber nach der Antragsregelung diesen Müttern immer die gesetzliche Vermutung entgegenhalten.

Bei der Widerspruchslösung geht das nicht.

Ausgehend von dem Ziel des Gesetzes ist die Widerspruchslösung, jedenfalls ohne gesetzliche Vermutung, nicht nur halbherzig, sondern untauglich.

Die Antragslösung erfasst dagegen zielgerichtet genau die Fälle die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundesverfassungsgericht bei deren Entscheidungen vor Augen hatten.

Der Gesetzentwurf ist also gut gelungen und die Zustimmung des Bundestages richtig.

Insoweit kann es sich wohl keine politische Partei in diesem Land wirklich leisten das Inkrafttreten dieses Gesetzes allein wegen der vorstehend dargestellten Verfahrensfragen zu verhindern.

Dies zumal man sich in der Sache, d.h. der Stärkung der Rechte der Väter, ja grundsätzlich einig ist.

Der nach wie vor bestehende Streit, ob nicht doch die Widerspruchslösung besser ist, ist mit dem Beschluss des Bundestages sowie mangels mehrheitsfähiger Gegenvorschläge entschieden.

Da hilft es den Verfechtern der Widerspruchslösung nicht zu jammern und weiter zu kritisieren.

Es ist vielmehr konstruktive Zusammenarbeit zur Erreichung des gemeinsamen Ziels gefragt.

Bei den noch streitigen Verfahrensfragen zur Antragslösung, welche teilweise von den Verfechtern der Widerspruchslösung vorgeschoben sind, wird man sich einigen.

Das Gesetzt wird also spätestens im Sommer dieses Jahres kommen.

Und das ist gut so!

01.02.2013Frank PrescherRechtsanwalt
Anwaltsmediator

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