Arbeitsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (Stand 15.04.2020)

Die Bundesregierung sowie die Landesregierungen haben, Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) folgend, einschneidende Maßnahmen getroffen, die mit erheblichen Folgen für die Wirtschaft, die Finanzen, das Arbeitsleben und damit letztlich auch für das Arbeitsrecht verbunden sind.

Die Kanzlerin hat in ihrer Pressekonferenz am 15.04.2020 Lockerungen in Aussicht gestellt, konnte jedoch eine kurzfristige umfassende Lockerung verständlicherweise nicht verkünden.

Solange die Pandemie existiert, wird es auch bei Einschränkungen unter anderem im Arbeitsleben bleiben.

Für die Arbeitsvertragsparteien stellen sich damit zahlreiche Fragen.

I. Prävention

Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber für eine angemessene Infektionsprävention sorgt (§§ 241 Abs. 2, 618 BGB).

Die Prävention richtet sich nach der Gefährdungsbeurteilung, diese nach den betrieblichen Besonderheiten.

Die Gefährdungsbeurteilung ist den sich verändernden Gegebenheiten anzupassen.

Gebotene Maßnahmen können sein:

- Änderung der Organisation der Betriebsabläufe

- Regelungen und Vorkehrung zur Einhaltung von Personenabständen im Betrieb

- Einschränkung oder Aufhebung des Publikumsverkehrs und damit der

  persönlichen Kontakte

- Prüfung und Verbesserung der Hygienevorkehrungen

- Anordnung von Home-Office

- Einschränkung oder Schließung von Gemeinschaftsräumen

- Schutzvorrichtungen, beispielsweise Plexiglaszwischenwände

- Verbesserung der Be- und Entlüftung

- gegebenenfalls Schutzausrüstung, wie Atemschutzmaske, Handschuhe etc

- zur Verfügungstellung ausreichender Desinfektionsmittel.

Kommt der Arbeitgeber diesen Verpflichtungen nicht nach und begründet damit eine Gefährdungssituation, so begründet dies ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers

(§ 273 Abs. 1 BGB), so dass der Arbeitnehmer zu Hause bleibt und weiterhin Lohnfortzahlungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 615 S. 1 BGB) hat.

II. Pflicht zur Arbeit

1. Erkrankung des Arbeitnehmers

Erkrankt der Arbeitnehmer infolge einer Corona-Virusinfektion wird er selbstverständlich von der Arbeitspflicht frei und hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EFZG.

Nach Ablauf der Bezugsdauer von sechs Wochen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Krankengeld.

2. Quarantäne des Arbeitnehmers

Gem. § 30 IfSG kann der Arbeitnehmer bei Verdacht einer Infektion behördlich unter Quarantäne gestellt werden.

Damit ist er regelmäßig de facto, im Falle eines Tätigkeitsverbotes gemäß § 31 IfSG auch rechtlich nicht in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen.

Bleibt es lediglich bei dem Verdacht, wird der Arbeitnehmer also nicht krank, besteht auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EFZG.

Haben die Arbeitsvertragsparteien § 616 BGB nicht ausgeschlossen, kann sich ein Anspruch des Arbeitnehmers hieraus ergeben.

Der Anspruch besteht, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ohne Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Der BGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1973, damals wegen eines seuchenpolizeilichen Tätigkeitsverbots über sechs Wochen wegen Salmonelleninfektion, einen Anspruch des Arbeitnehmers gem. § 616 BGB bejaht (BGHZ 73, 16).

Damals ging es allerdings um einen Einzelfall, was für den Betrieb verkraftbar war.

Ob die Entscheidung auf die heutige Situation übertragen werden kann, ist zweifelhaft.

Die Anwendbarkeit des § 616 BGB lässt sich auch nicht damit begründen, dass eine behördlich angeordnete Quarantäne regelmäßig die Inkubationszeit nicht überschreiten wird, so dass Vergütungsansprüche für sechs Wochen, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall ausscheiden dürften.

In der Mehrzahl der Arbeitsverträge wird § 616 BGB ohnehin ausgeschlossen.

In diesen Fällen steht dem Arbeitnehmer auch kein Anspruch gegen den Arbeitgeber nach dieser Bestimmung zu.

Der Arbeitnehmer kann allerdings nach § 56 IfSG eine öffentlich rechtliche Entschädigung in Höhe seines Verdienstausfalls verlangen.

Dabei erfolgt Abrechnung und Vergütung der Lohnansprüche durch den Arbeitgeber, der gewissermaßen als Zahlstelle für die zuständige Behörde, in Thüringen das Thüringer Landesverwaltungsamt tätig wird.

Der Arbeitgeber muss für die ersten sechs Wochen die Entschädigung auszahlen und erhält sie auf Antrag zurück.

Ab der siebten Woche erhalten die Betroffenen eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes direkt vom Landesverwaltungsamt.

Der Arbeitgeber muss den Antrag auf Entschädigung innerhalb von drei Monaten nach Einstellung des Tätigkeitsverbots oder der Beendigung der Quarantäne stellen (Thüringer Landesverwaltungsamt, Referat 500, Jorge-Semprún-Platz 4, 99423 Weimar).

Die Entschädigung bemisst sich nach dem ausgefallenen Nettoarbeitsentgelt.

Erkrankt der Arbeitnehmer während der Quarantäne, so endet der Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers gegen das Thüringer Landesverwaltungsamt, denn dann tritt die Entgeltfortzahlungspflicht nach dem EFZG ein, die ohnehin ausschließlich den Arbeitgeber trifft.

3. Kinderbetreuung durch den Arbeitnehmer

Mit der bundesweiten Schließung der Schulen und Kindertagesstätten entstand bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Betreuungsbedarf.

Dieser Betreuungsbedarf gründet sich nicht auf einer persönlichen Entscheidung der Eltern, sondern ist gesetzliche Pflicht (§ 1626 BGB).

Für die Frage, welche Kinder davon betroffen sind, kann auf § 45 SGB V zurückgegriffen werden (Anspruch auf Kinderkrankengeld).

Danach sind Kinder Personen, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder infolge Behinderung hilfsbedürftig sind.

Dieser Personenkreis gilt als betreuungsbedürftig.

Besteht ein solcher Betreuungsbedarf, kann der Arbeitnehmer nach § 275 Abs. 3 BGB

die Arbeitsleitung verweigern.

Dies gilt allerdings nur für ein Elternteil, und zwar unabhängig von der Anzahl der betreuungsbedürftigen Kinder.

Bis zum 30.03.2020 stellte sich die Frage, ob den, Kinder betreuenden Arbeitnehmern ein Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber zustand.

In Betracht kam auch hier allenfalls ein Anspruch gem. § 616 BGB, soweit die Bestimmung nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen war.

Typischer Fall des § 616 BGB war Betreuungsbedarf aufgrund Erkrankung des betreuungsbedürftigen Kindes.

Ob hingegen ein Risiko, das sich aus der behördlichen Anordnung von Schul- oder Kitaschließungen ergibt, vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber abgewälzt werden darf, ist äußerst zweifelhaft.

Seit 30.03.2020 hat der Gesetzgeber das Problem zumindest mit Wirkung ab 30.03.2020 mit dem neuen § 56 I a IfSG entschärft.

Danach erhalten Unternehmen Entschädigungsleistungen für die Vergütung von Arbeitnehmern, die Kinder betreuen, welche das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder infolge Behinderung auf Betreuung angewiesen sind, wenn eine anderweitige zumutbare Betreuung, als die durch den Arbeitnehmer nicht sichergestellt werden kann und der Betreuungsbedarf auf einer Schul- oder Kitaschließung infolge behördlicher Anordnung wegen der Pandemie beruht.

Für Anträge ist ebenfalls das Thüringer Landesverwaltungsamt zuständig.

Da die Norm allerdings nicht rückwirkend in Kraft gesetzt wurde, gilt sie nur für Schließungen, zu denen es erst nach dem 30.03.2020 (Inkrafttreten) gekommen ist.

In Thüringen wurden die Schulen vom 17.03.2020 bis 19.04.2020 geschlossen.

Gleichwohl besteht der Anspruch, wenn auch erst für Vergütungszahlungen ab dem 30.03.2020.

Für die Zeit vorher bleibt es bei der umstrittenen Rechtsfrage, ob § 616 BGB einschlägig ist oder nicht.

Gleiches stellt sich nach Ablauf von sechs Wochen, denn der Anspruch gem. § 56 I a IfSG ist auf sechs Wochen befristet (§ 56 Abs. 2 S. 4 IfSG).

III. Arbeitsort

Der Arbeitgeber bestimmt im Rahmen des Direktionsrechts, wo der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt.

Regelmäßig ist danach Arbeitsort der Betrieb.

Wie weit das Direktionsrecht des Arbeitgebers geht, ergibt sich aus § 106 S. 1 GewO.

Danach kann der Arbeitgeber zum Schutz der Arbeitnehmer anordnen, dass diese ihre Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen (Home-Office), wenn dies durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder arbeitsvertraglich vereinbart ist.

Ob der Arbeitgeber auch dann, wenn es nicht vereinbart ist, Home-Office anordnen kann, ist streitig.

Nach allgemeiner Auffassung endet das Direktionsrecht des Arbeitgebers nämlich spätestens an der Wohnungstür des Arbeitnehmers.

Nun wird es in zahlreichen Fällen hierüber nicht zum Streit kommen, denn Arbeitnehmer begrüßen es regelmäßig, wenn sie ihre Arbeit zu Hause verrichten dürfen.

Zum Streit kann es allerdings spätestens dann kommen, wenn der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Maßnahmen aufgrund Schlechtleistung am Heimarbeitsplatz gründet und

sich spätestens dann die Frage stellt, ob der Arbeitgeber überhaupt wirksam Home-Office anordnen konnte.

Gegenwärtig wird die Auffassung vertreten, dass der Arbeitgeber Home-Office anordnen kann, weil die außergewöhnlichen Umstände, verbunden mit der Expertenempfehlung zum „Social distancing“ die Geschäftsgrundlage hinsichtlich des Arbeitsortes berühren können (§ 313 Abs. 1 BGB).

Der Arbeitgeber muss freilich die hierzu notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.

Einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes gibt es hingegen nicht.

Diskutiert wird derzeit, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, gefährdeten Arbeitnehmern einen

Home-Office-Arbeitsplatz einzurichten.

Dies wird teilweise aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers begründet, wenn der Arbeitnehmer Risikofaktoren wie Alter, Atemwegs- oder Herzerkrankungen aufweist.

Teilweise wird auch insoweit auf eine Veränderung der Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertrages hingewiesen.

Diese Auffassung ist abzulehnen.

Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes war bisher politisch nicht durchsetzbar, sie existiert daher nicht und kann dementsprechend auch nicht aus der allgemeinen Fürsorgepflicht abgeleitet werden.

Anderenfalls würde aus dem Einzelfall mit dem Argument der Ungleichbehandlung schnell eine kollektive Inanspruchnahme erwachsen, mit der ein Anspruch auf Home-Office ohne gesetzliche Grundlage durch die Hintertür eingeführt würde.

Der Anspruch des Arbeitgebers auf einen Home-Office-Arbeitsplatz setzt voraus, dass der Gesetzgeber entsprechend tätig wird.

Solange er dies nicht tut, besteht ein solcher Anspruch nicht.

IV. Arbeitszeit und Vergütung

1. Mehrarbeit

Ist der Arbeitsanfall gestiegen, so kann der Arbeitgeber, soweit der Arbeitsvertrag dies zulässt, Überstunden anordnen.

Gleiches gilt, wenn sich der erhöhte Arbeitsbedarf aus der Vertretung erkrankter oder aus sonstigen Gründen absenter Arbeitnehmer ergibt.

In diesen Fällen kann der Arbeitgeber selbstverständlich auch befristete Einstellungen vornehmen.

Für Tätigkeiten, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung, das Gesundheitswesen, die pflegerische Versorgung oder die Daseinsvorsorge aufrechterhalten, hat der Gesetzgeber einen neuen § 14 IV ArbZG geschaffen.

Danach darf der Arbeitgeber die werktägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern in diesen Bereichen auf bis zu 12 h/Tag verlängern, wobei die wöchentliche Arbeitszeit 60 h nicht überschreiten darf.

Diese Regelung gilt allerdings nur für die in der Covid-19-Arbeitszeitverordnung vom 07.04.2020 genannten Betriebe und Einrichtungen.

2. Inanspruchnahme von Urlaub

Um den Schaden für den Arbeitgeber so gering wie möglich zu halten, liegt es nahe, Urlaub oder den Abbau von Überstunden anzuordnen.

Allerdings kann der Arbeitgeber grundsätzlich nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers Urlaub anordnen.

Gleiches gilt für Betriebsferien, denn gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 BUrlG hat der Arbeitgeber auf die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

3. Kurzarbeit

Stehen dem Arbeitgeber mehr Arbeitnehmer zur Verfügung, als er beschäftigen kann, so wird auch die einvernehmliche Inanspruchnahme von Urlaub keine dauerhafte Lösung sein.

Die wichtigste Möglichkeit besteht daher in der Einführung der Kurzarbeit.

Voraussetzung ist hierfür eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wonach die Arbeitszeit verkürzt wird, soweit sich eine solche Regelung nicht bereits aus dem Arbeitsvertrag ergibt.

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, so tritt an die Stelle einer solchen Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

Der Verdienstausfall wird nach §§ 95 ff. SGB III durch Kurzarbeitergeld ausgeglichen.

Dabei hat der Bundestag mit dem neuen § 109 V SGB III eine bis zum 31.12.2021 befristete Übergangslösung geschaffen, auf deren Grundlage die Bundesregierung die Kurzarbeitergeld-VO erlassen hat.

Danach werden die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld abgesenkt.

§ 3 der Verordnung ermöglicht aufgrund einer ebenfalls neuen Regelung im AÜG (§ 11 a AÜG) auch Kurzarbeit in der Zeitarbeitsbranche.

Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld sind:

  • Die Arbeitszeitverkürzung muss auf der Pandemie beruhen.
  • Der Arbeitsausfall muss vorübergehend sein, darf also die reguläre Bezugszeit von derzeit zwölf Monaten nicht überschreiten.
  • -      Der Arbeitsausfall muss unvermeidbar sein. Es sind daher zuvor, soweit rechtlich zulässig, positive Arbeitszeitkonten und Urlaubsansprüche abzubauen. In Betrieben mit Leiharbeitnehmern sind vorrangig die Verträge mit den Verleihern zu beenden.
  • Der Arbeitsausfall muss erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn im Kalendermonat für mindestens 10 % der Beschäftigten weniger oder gar keine Arbeit mehr vorhanden ist. Hierzu müssen die nötigen 10 % der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als 10 % haben. Soweit von Beschäftigten die Rede ist, sind ausschließlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gemeint, nicht also beispielsweise Minijobber.
  • Der Arbeitgeber muss die Kurzarbeit bei der Bundesagentur anzeigen.

Wird danach Kurzarbeitergeld gewährt, so zahlt die Bundesagentur 60 % bzw. 67 % des Nettoentgeltes an Eltern.

Der Arbeitgeber trägt die Sozialversicherungsbeiträge, die ihm die BA allerdings pauschal erstattet.

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes ist nach oben hin gedeckelt.

Gehaltsbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung sind nicht abgesichert.

Rechenbeispiel:

Verdient ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter in Vollzeit (40 h) bislang regulär 2.000,00 € netto und tritt ein Arbeitsausfall von 50 % ein, so zahlt der Arbeitgeber weiterhin 1.000,00 € netto, für die ausgefallenen 20 h zahlt die Bundesagentur 600,00 € Kurzarbeitergeld, bei Beschäftigten mit einem Kind 670,00 €, also zusammen 1.600,00 € netto bzw. 1.670,00 € netto.

Die Auszahlung des Kurzarbeitergelds erfolgt durch den Arbeitgeber, er geht also in Vorleistung.

Anschließend kann er die Erstattung bei der Agentur für Arbeit monatlich beantragen.

Kurzarbeitergeld kann höchstens zwölf Monate lang ohne Unterbrechung bezogen werden.

Die Bundesregierung plant allerdings eine Verlängerung.

Wenn das Einkommen des Haushalts nicht mehr ausreicht, um die Lebenshaltungskosten zu decken, können Betroffene Grundsicherungsleistungen (Hartz IV) beantragen.

Geht der sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter einer Nebentätigkeit nach und wurde dies erst nach Beginn des Kurzarbeitergeldbezuges aufgenommen, dann werden die Einkünfte daraus verrechnet, das Kurzarbeitergeld also gekürzt.

Ausgenommen hiervon sind systemrelevante Bereiche.

Wer dort arbeitet, kann ohne Kürzung hinzuverdienen, allerdings nur bis zu dem Betrag, der vor der Kurzarbeit erzielt wurde.

Systemrelevante Tätigkeiten sind beispielsweise Erntehelfer oder Aushilfen in Supermärkten.

V. Betriebsschließung

Schließt der Arbeitgeber den Betrieb, so werden im Wesentlichen drei Ursachen unterschieden, nämlich das Wirtschaftsrisiko, das Betriebsrisiko und die Schließung aufgrund behördlicher Anordnung.

1. Wirtschaftsrisiko

Schließt der Arbeitgeber, weil er aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen zu der Erkenntnis gelangt, beispielsweise infolge von Absatzeinbrüchen keinen Gewinn mehr erzielen zu können, so handelt es sich um das allgemeine Wirtschaftsrisiko, das ausschließlich den Arbeitgeber trifft.

Er schuldet die vereinbarte Vergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges gemäß § 615 S. 1 BGB, der Arbeitnehmer verliert seinen Vergütungsanspruch also nicht.

2. Betriebsrisiko

Entscheidet der Arbeitgeber im Rahmen des Wirtschaftsrisikos aus freien Stücken, ob er den Betrieb einstellt oder nicht, so ist sein Entscheidungsspielraum im Rahmen des Betriebsrisikos weit geringer.

Kommt es beispielsweise zu Störungen in den Lieferketten oder erkranken zu viele Arbeitnehmer, so hat der Arbeitgeber hierauf regelmäßig keinen Einfluss.

Trotzdem wird das Betriebsrisiko dem Arbeitgeber zugeordnet.

Begründet wird dies damit, dass der Arbeitgeber den Betrieb organisiert und damit zumindest abstrakt beherrscht.

Schließt er den Betrieb dementsprechend, weil die Betriebsorganisation nicht mehr aufrechterhalten werden kann, so trägt er weiterhin das Vergütungsrisiko aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

3. Behördliche Anordnung

Kann der Arbeitgeber im Rahmen des Betriebsrisikos möglicherweise noch organisatorisch eingreifen und ganz oder teilweise Abhilfe schaffen, so ist ihm dies im Falle der behördlichen Anordnung gänzlich verwehrt.

Aufgrund Allgemeinverfügung wurden die Restaurants, Bekleidungsgeschäfte, Freizeiteinrichtungen und vieles mehr geschlossen.

Die Schließung erfolgte nicht, weil von den Betrieben aufgrund ihrer Eigenart ein besonderes Risiko ausgegangen ist, sondern, um die Infektionsgefahr nur noch auf jene Betriebe zu beschränken, bei denen diese von vornherein sehr gering ist oder solchen Betrieben, die für die Versorgung der Bevölkerung notwendig sind.

Dieses Risiko, das ausschließlich der Bekämpfung der Pandemie geschuldet ist, kann kein Arbeitgeber weder konkret noch abstrakt beherrschen.

Es ist daher äußerst fragwürdig, ob zu Lasten dieser Arbeitgeber vom allgemeinen Betriebsrisiko ausgegangen werden kann.

4.

Allerdings besteht sowohl in den Fällen des Wirtschaftsrisikos, als auch des Betriebsrisikos und erst recht im Falle der behördlichen Anordnung durch Allgemeinverfügung die Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit und damit die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld nach § 96 SGB III durch die betroffenen Arbeitnehmer.

Dort, wo trotz behördlicher Betriebsschließung keine Kompensation durch Kurzarbeit in Betracht kommt, mit der Folge, dass der Arbeitgeber Annahmeverzugslohn schuldet (§ 615 S. 1 BGB) besteht seitens des Arbeitgebers ein Anspruch auf Erstattung der Lohnkosten gemäß § 56 IfSG.

Entsprechende Anträge sind auch insoweit an das Thüringer Landesverwaltungsamt zu richten.

VI. Insolvenzantragspflicht

Die Bundesregierung und die Landesregierungen haben schnell gehandelt.

Es wurden nicht nur gesetzliche Lücken geschlossen, sondern es wurden auch personelle Voraussetzungen dort geschaffen, wo sie erforderlich sind, um den Eintritt von Schäden zu vermeiden.

Trotzdem ist angesichts der Fülle von Anträgen nicht auszuschließen, dass es bis zur Ausschüttung berechtigter Entschädigungsleistungen zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann.

Es ist nicht auszuschließen, dass ein Unternehmen bis dahin zahlungsunfähig ist.

Gem. § 15 a InsO ist das Vertretungsorgan einer juristischen Person verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.

Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, droht ihm die persönliche Haftung.

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie diese Insolvenzantragspflicht vorübergehend ausgesetzt.

Die Gesetzesänderung ist rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft getreten.

War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht und Aussicht darauf besteht, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Ausgenommen von der Insolvenzantragspflicht sind daher insbesondere GmbH-Geschäftsführer, wenn das durch sie geführte Unternehmen zum 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war.

Auf eine Überschuldung kommt es nach der gesetzlichen Regelung nicht an.

Ungeachtet dieser Voraussetzung muss weiterhin die Aussicht auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit vorliegen, also eine positive Fortführungsprognose im Sinne von

§ 19 Abs. 2 InsO.

Fazit:

Bereits die vor Ausbruch der Pandemie bestehende Rechtslage gab im Wesentlichen Auskunft auf die sich stellenden Fragen.

Dort, wo es erforderlich war, hat der Gesetzgeber erfreulicherweise sehr schnell nachgebessert.

Für Fragen, die Ihren Betrieb betreffen, stehe ich gerne zur Verfügung.

RA Raber, 15.04.2020

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