Am 04.07.2012 hat die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf zur Neuregelung des gemeinsamen Sorgerechts für nichteheliche Väter beschlossen und der Öffentlichkeit vorgestellt.Nach der bisherigen Gesetzeslage ist es so, dass Väter nicht ehelicher Kinder ohne Zustimmung der Mutter keine Chance haben ein gemeinsames Sorgerecht durchzusetzen.
Dies haben sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, als auch das Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21.07.2010 eine Übergangsregelung angeordnet, welche dem Vater auch jetzt schon ermöglicht beim Familiengericht einen Antrag auf gemeinsame Sorge zu stellen.
Die Anforderung an eine gerichtliche Anordnung der gemeinsame Sorge sind nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung allerdings insoweit sehr hoch als das Familiengericht positiv feststellen muss, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht.
Die zurückhaltende Regelung des Bundesverfassungsgerichts erklärt sich zwangslos daraus, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber nicht weiter vorgreifen wollte als nötig.
Seit der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind zwischenzeitlich fast zwei Jahre verstrichen.
Zur Lösung lagen seit langem zwei Modelle auf dem Tisch.
Zum Einen die sogenannte Widerspruchslösung, nach welcher die gemeinsame Sorge kraft Gesetzes automatisch gilt und beide Elternteile das Recht haben gegen die gemeinsame Sorge Widerspruch einzulegen, über den dann das Familiengericht zu befinden hätte.
Zum Anderen gibt es die sog. Antragslösung, für welche sich der Gesetzentwurf entschieden hat.
Danach bleibt es zunächst bei der alleinigen Sorge der Mutter.
Der Vater hat jedoch das Recht, wenn die Mutter sich weigert, der gemeinsamen Sorge zuzustimmen, diese beim Familiengericht zu beantragen.
Das Familiengericht muss die gemeinsame Sorge anordnen, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht wird gesetzlich vermutet.
Diese gesetzliche Vermutung erleichtert den Vätern grundsätzlich die Durchsetzbarkeit.
Die Mutter kann gegen die Vermutung Einwände erheben.
Das Gericht muss dann prüfen, ob diese Einwände berechtigt sind und/oder andere Gründe vorliegen, welche die gesetzliche Vermutung widerlegen.
Diese von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelungsvariante muss nun formal das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.
Ob sich hier noch Änderungen ergeben, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls in den gestrigen Medienberichten waren von politischer Seite nennswerte kritische Stimmen zu dem Gesetzentwurf nicht zu vernehmen.
Mit grundlegenden Änderungen ist danach nicht zurechnen.
Ausgehend von der politischen Konstellation stellt der Gesetzentwurf einen durchaus gelungenen Kompromiss dar.
Für Väter nichtehelicher Kinder wäre sicher die Widerspruchslösung wünschenswerter gewesen.
Die Widerspruchslösung hätte dem ohnehin überwiegenden Teil der Eltern nicht ehelicher Kinder, welcher sich schon jetzt auf die gemeinsame Sorge verständigt den Weg zum Jugendamt, d. h. die Abgabe einer Sorgeerklärung erspart.
Andererseits ist der damit verbundene bestehenbleibende Aufwand überschaubar, da die Eltern ohnehin die Anerkennung der Vaterschaft beim Jugendamt beurkunden lassen müssen.
Nach der vom Gesetzgeber nunmehr gewählten Antragslösung sind die nicht verheirateter Väter den verheirateten Vätern zwar nicht 1 zu 1 gleichgestellt.
Gleichwohl stellt der vorliegende Gesetzesentwurf einen deutlichen und soweit sehr zu begrüßenden Schritt in die richtige Richtung dar.
Er stärkt die Rechte der Väter nichtehelicher Kinder im Hinblick auf die gemeinsame Sorge.
Er zeigt zugleich Müttern nicht ehelicher Kinder, welche ohne nachvollziehbaren Grund ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge verweigern, die Rote Karte.
Was die minderjährigen Kinder angeht, ist den Eltern unabhängig von der Frage des gemeinsamen Sorgerechts zu wünschen, dass diese für ihr gemeinsames Kind immer die richtigen Entscheidungen treffen, d. h. ihrer im Rahmen des Sorgerechts bestehenden Pflicht dem Kindeswohl entsprechend zu handeln, gerecht werden.
RA Prescher, 05.07.2012