Verbraucher-Widerrufsrecht bei Immobilien-Maklerverträgen

BGH Urteile vom 07.07.2016 - I ZR 30/15 und I ZR 68/15

 

Geklagt

 

In zwei gleich gelagerten Fällen wandten sich Kaufinteressenten an einer Immobilie per E-Mail an einen Grundstücksmakler, der wiederum ein Exposé per E-Mail übersandte. Beide Interessenten waren Verbraucher. In beiden Fällen kam es zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages, worauf die Makler ihre Provision abrechneten. Die Erwerber verweigerten die Zahlungen. Daraufhin klagten die Makler. Noch im Prozess widerriefen die jeweiligen Beklagten die zustande gekommenen Maklerverträge.

 

Entschieden

 

Sowohl das Landgericht Itzehoe, als auch das Landgericht Erfurt gaben den jeweiligen Maklern Recht. In zweiter Instanz bestätigte das OLG Schleswig die Entscheidung des Landgerichts Itzehoe. Dagegen hob das Thüringer Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts Erfurt auf.

Der BGH folgte letztlich dem Thüringer Oberlandesgericht und wies die Klagen der Makler ab.

Beide Makler – so argumentierte der BGH - hatten etwas Entscheidendes vergessen: eine Widerrufsbelehrung. Beide Verträge kamen per E-Mail zustande, so dass es sich um Fernabsatzverträge nach § 312 BGB handelte.

Fernabsatzverträge sind Verträge zwischen Unternehmer und Verbraucher, bei der ausschließlich Fernkommunikationsmittel wie Briefe, Kataloge, Telefonate, Faxe, E-Mails, SMS  verwendet werden.  Bei solchen Verträgen steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, beginnend mit Vertragsschluss. Darüber muss der Verbraucher mit einer Widerrufsbelehrung informiert werden. Unterbleibt diese, hat er dann das Recht, bis spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss zu widerrufen.

Das Widerrufsrecht erlischt bei vollständiger Erfüllung. Da aber die Beklagten nicht bezahlt hatten, war der Vertrag nicht vollständig erfüllt. Deshalb konnten sie noch im Prozess den Maklervertrag widerrufen. Demzufolge waren die Klagen der Makler unbegründet.

 

Kommentiert

 

Die Entscheidung stellt klar, dass auch Grundstücksmaklerverträge mit Verbrauchern sogenannte Fernabsatzgeschäfte sind und damit der Widerrufsmöglichkeit unterliegen. Die Grundstücksmakler werden schnell reagieren und in ihre Exposés, soweit noch nicht geschehen, Widerrufsbelehrungen aufnehmen. Bis dahin lohnt sich für jeden Grundstückskäufer, der Maklerdienste beauftragt und noch keine Provision gezahlt hat, ein Blick in die Unterlagen. Ist der Vertrag mit einem Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Maklers wie heute üblich per E-Mail oder fernmündlich zustande gekommen und fehlt eine Widerrufsbelehrung, geht der Makler leer aus.

Mit seiner Entscheidung stärkt der BGH die Verbraucherrechte. Denn es kann nicht sein, dass beispielsweise ein per E-Mail geschlossener Vertrag über ein Zeitschriftenabonnement dem Widerrufsrecht unterliegt, während ein Grundstücksmaklervertrag, der Verbraucher in der Regel mit fünfstelligen Summen belastet, unwiderruflich ist. Der BGH hat das klar erkannt. Die hierzu ergangenen beiden Entscheidungen sind zu begrüßen.

 

Manfred Raber, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Erfurt

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