Wie wird der Minderungsbetrag berechnet?

 

OLG Köln, Urteil vom 09.12.2016 - 19 U 43/16 / OLG Schleswig, Urteile vom 19.02.2016 NJW 2016, 2580).

 

Geklagt:

 

Die Erwerberin einer Eigentumswohnung klagt gegen den Bauträger auf Zahlung einer Erwerbspreisminderung in Höhe von Brutto 27.500 €.

 

Hintergrund sind unstreitige Schallschutzmängel.

 

Streitig sind zwischen den Parteien einzelne Positionen des Minderungsbetrages und die Frage, ob der Minderungsbetrag angesichts einer nicht erfolgten Mangelbeseitigung Netto oder Brutto abzurechnen ist.

 

Entschieden:

 

Das OLG Köln bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung des Landgerichts.

 

Der Minderungsbetrag berechnet sich nach Maßgabe der Nachbesserungskosten, die gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO geschätzt werden können.

 

Zu den Nachbesserungskosten kommt, soweit vorliegend, ein verkehrsmäßiger (merkantiler) Minderwert und ein gegebenenfalls verbleibender technischer Minderwert.

 

Zu dem so ermittelten Minderungsbetrag rechnet sich die Mehrwertsteuer.

 

Die Grundsätze, die für das Schadenersatzrecht gelten (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB) sind nicht heranzuziehen.

 

Die Revision hat das OLG nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung habe, noch der Fortbildung des Rechts diene.

 

Kommentiert:

 

Die Entscheidung ist bedenklich.

 

Der Besteller einer Werkleistung kann Schadensersatzansprüche, einschließlich darauf entfallende Umsatzsteuer, nur dann ersetzt verlangen, wenn er nicht vorsteuerabzugsberechtigt und wenn der Schaden tatsächlich angefallen ist.

 

Solange der Schaden nicht angefallen ist, steht ihm nur der Nettobetrag zu.

 

Will er vermeiden insoweit mit der Mehrwertsteuer in Vorleistung zu gehen, bleibt ihm die Möglichkeit der Geltendmachung eines Vorschussanspruches nach § 637 Abs. 3 BGB.

 

Dies ist sachgerecht, denn die Erstattung der Mehrwertsteuer kann nur zugebilligt werden, wenn sie auch tatsächlich gezahlt wurde.

 

Das OLG Köln begründet seine Auffassung damit, dass § 249 Abs. 2 S. 2 BGB eine Regelung ausschließlich zum Schadensersatz darstellt und eine analoge Anwendung auf die Berechnung des Minderungsbetrages mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht komme.

 

Dem widerspricht das OLG Schleswig, das in seiner Entscheidung vom 19.02.2016 an die Erwägungen des BGH zum Schadensersatzrecht anknüpft und zur Vermeidung einer Überkompensation und eines Wertungswiderspruchs zum Schadensersatz nur die Nettokosten bei der Berechnung des Minderungsbetrages in Ansatz bringt.

 

Das OLG Köln hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen, auch dies mit eher schwacher Begründung.

 

Die Rechtssache hat nämlich gerade grundsätzliche Bedeutung, weshalb eine Entscheidung des BGH erforderlich ist, um das Recht fortzubilden oder eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten.

 

Glücklicherweise sah dies das OLG Schleswig genauso und ließ die Revision zu, sodass mit einer klarstellenden Entscheidung des BGH zu rechnen ist.

 

 

RA Raber, 03.08.2017

 

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben