Wann verjähren Mängelansprüche vor Abnahme im VOB-Vertrag?

Der BGH hatte am 12.01.2012 erstmals im Rahmen des seit der Schuldrechtsreform geltenden Rechts über die Frage zu entscheiden, wann die Verjährung von Mängelansprüchen im VOB-Vertrag vor Abnahme beginnt und ob die dreijährige Regelverjährungsfrist nach § 195 BGB gilt.Im folgenden Fall hatte der Beklagte die Klägerin im Jahre 1999 mit Bauleistungen beauftragt, wobei die VOB/B einbezogen wurde.
Ob eine Abnahme der Leistungen stattgefunden hat, blieb zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin erhob (unverjährt) Restwerklohnansprüche, worauf der Beklagte im Jahre 2008 mit einer Widerklage reagierte und Schadensersatzansprüche gem. § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B (a.F.) geltend machte.
Die Klägerin erhob die Einrede der Verjährung.
Sie vertrat den, auch vom Berufungsgericht vertretenen Standpunkt, dass Schadensersatzansprüche im Rahmen eines VOB/B-Vertrages vor Abnahme aus § 4 Nr. 7 Satz 2, 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B der dreijährigen Regelverjährung unterliegen und diese in diesem Fall weit vor Widerklageerhebung, nämlich mit Schadenseintritt und Kenntnis zu laufen begonnen hat.
Der BGH teilt diese Auffassung nicht.
Der BGH verweist darauf, dass der Gesetzgeber eine klare gesetzliche Regelung in § 638 BGB getroffen hat.
Danach sind die Mängelansprüche der werkvertraglichen Gewährleistung zugeordnet und der Regelverjährung nach § 195, 198 BGB entzogen.
Dabei hängt es nicht davon ab, wann die Ansprüche entstanden sind.
Vielmehr erfasst § 638 BGB sowohl die vor der Abnahme, als auch die danach entstandenen Ansprüche auf Beseitigung eines Mangels, sodass die Gewährleistungsfrist mit der Abnahme beginnt.
Der BGH bejaht dies auch für den VOB-Vertrag.
Der BGH verneint damit eine selbstständige Verjährung der vor Abnahme entstandenen Ansprüche.
Die Entscheidung des BGH verdient Zustimmung.
Eine selbstständige Verjährung der vor der Abnahme entstandenen Ansprüche wäre widersinnig.
In diesem Fall müsste der Auftraggeber eine vertragswidrige Leistung abnehmen, um mit der Abnahme den Lauf der Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche in Gang zu setzen.
Gerade mit der unterbliebenen Abnahme bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er die Leistung als nicht im wesentlichen vertragsgerecht betrachtet.
Die Annahme einer selbstständigen Verjährung hätte zur Folge, dass der Auftraggeber verjährungshemmende Schritte einleiten müsste, um seine Mängelrechte nicht zu verlieren.
BGH 12.01.2012, VII ZR 76/11
RA Raber, 17.04.2012

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