Und doch Werkvertragsrecht!

Geklagt

 

Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. 2004 beauftragt sie die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Halle.

Die Beklagte errichtete eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden war, um die Statik des Daches durch das Eigengewicht der Module nicht zu beeinträchtigen. Schließlich wurden die Montageelemente regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt, bevor sie verkabelt und mit den Wechselrichtern im Inneren der Halle verbunden wurden. Im April 2005 rügt die Klägerin eine zu geringe Leistung, worauf die Beklagte empfahl, die Anlage noch zwei Jahre zu beobachten. Nachdem keine Besserung eintrat, erhob die Klägerin im Juli 2011 Klage.

Sie begehrte Minderung von 25 % der Nettovergütung und verlangte dementsprechend Rückzahlung. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Nach ihrer Auffassung gilt Kaufvertragsrecht, mit der Folge dass die kurze Verjährungsfrist maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen war.

 

Entschieden

 

Das Landgericht Passau wies die Klage ab, das OLG München folgte der Klägerin und gab ihrer Klage statt mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte weiter ihren Klageabweisungsantrag.

 

Ohne Erfolg.

 

Der Bausenat des BGH (7. Senat) bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts München. Die Beklagte hat nicht nur einzelne Teile geliefert, sondern diese zu einer individuell dimensionierten Anlage zusammengefügt, weshalb es sich nicht lediglich um einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung handelt, sondern um einen Werkvertrag. Die Verpflichtungen der Beklagten zur Durchführung aufwändiger handwerklicher Installations- und Anpassungsarbeiten an der Tennishalle geben dem Vertrag die maßgebliche Prägung.

 

Die fünfjährige Verjährungsfrist bei Bauwerken gilt, wenn ein Bauwerk ganz oder teilweise neu errichtet wird. Erfasst sind hiervon auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden.

 

Ausdrücklich widerspricht der 7. Senat der hier bereits kommentierten Entscheidung des für das Kaufrecht zuständigen Senats (8. Senat), der die Anwendung des Werkvertragsrechts bei Errichtung einer Photovoltaikanlage mit der Begründung verneint hatte, die Photovoltaikanlage diene nicht dem Zweck des Bauwerks, auf dem sie errichtet sei, sondern dem eigenen Zweck der Stromerzeugung. Der 8. Senat hatte seine Begründung darauf gestützt, dass die Photovoltaikanlage für Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks, auf dem sie errichtet ist, nicht von wesentlicher Bedeutung sei (BGH Urteil vom 09.10.2013- VIII ZR 318/12).

 

Der 7. Senat stellt nunmehr klar, dass es nicht darauf ankommt, ob das Bauwerk auch ohne die Arbeiten funktionstüchtig ist, sondern darauf ob der Einbau einer Photovoltaikanlage letztlich zu einer grundlegenden Erneuerung des Gebäudes führt. Infolgedessen war vorliegend die fünfjährige Gewährleistungsfrist anzuwenden, die Klägerin hatte rechtzeitig Klage erhoben, die Verjährungseinrede der Beklagten ging ins Leere.

 

Kommentiert

 

Die Entscheidung des 8. Senats im Oktober 2013 hatte für die Betreiber von Photovoltaik- und Solaranlagen große Unsicherheit zur Folge, sodass die Entscheidung des 7. Senats wohltuend ist, dient sie doch letztlich Verbraucherinteressen.

 

Wer mit der Leistung seiner Photovoltaik- oder Solaranlage unzufrieden ist und infolge Ablaufs der zweijährigen kaufrechtlichen Verjährungsfrist nach der Entscheidung des 8. Senats die Verfolgung seiner Interessen aufgegeben hat, sollte darüber neu nachdenken, bevor auch die fünfjährige Verjährungsfrist abgelaufen ist.

BGH Urteil vom 02.06.2016- 7 ZR 348/13 A

01.08.2016

Manfred Raber, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Erfurt

 

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