Quote für Planungs- und Ausführungsmangel

Einer der vier Lichtmasten, die das Stadion in gleisendes Licht tauchen, war abgeknickt.

Was war geschehen?

Die Stadt Erfurt, vertreten durch den Erfurter Sportbetrieb hatte im Jahre 1999 ein Ingenieurbüro mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung und ein Unternehmen mit dem Bau der neuen Flutlichtmastanlage beauftragt.

Nach der Vorlage des Ingenieurbüros wurden die vier Flutlichtmasten errichtet.

Zur Abnahme kam es nicht mehr, weil einer der Lichtmasten über dem Seilanschluss abknickte, sodass ein 7,2 Tonnen schweres Teil pendelnd herabhing.

Da dem Frieden nicht zu trauen war, fielen nicht nur Spiele aus, sondern die oberen Teile der übrigen Masten mussten ebenfalls aus Sicherheitsgründen demontiert werden.

Erst nach Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens konnte im Jahre 2002 mit der Sanierung der Anlage begonnen werden.

Die Kosten der Sanierung macht die Stadt Erfurt vor dem Landgericht Erfurt gegen den beauftragten Unternehmer und das Ingenieurbüro als Gesamtschuldner geltend.

Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde hatten keinen Erfolg.

Das Thüringer Oberlandesgericht stellte fest, dass der Unternehmer als Gesamtschuldner neben dem Ingenieurbüro haftet.

Allerdings muss sich die Stadt Erfurt als Auftraggeber des Ingenieurbüros dessen Planungsverschulden zurechnen lassen, sodass die gesamtschuldnerische Haftung des Unternehmers auf eine Quote beschränkt ist.

Zu ermitteln ist die Quote nach den jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen.

Vorliegend vermochte weder das Landgericht, noch das Thüringer Oberlandesgericht den durch den Planungsmangel entstandenen Schaden vom Verursachungsbeitrag des Unternehmers abzugrenzen und gelangt zu dem Schluss, dass der in Anspruch genommene Unternehmer für den ganzen Schaden haftet, ohne sich auf die Zurechnung des Planungsverschuldens des Ingenieurs berufen zu können.

Die Entscheidung ist fragwürdig.

Richtig ist zunächst, dass der Bauunternehmer bei Planungsfehlern des Architekten gegenüber dem Auftraggeber nur auf eine Quote haftet, weil die Mitverantwortung analog
§ 254 BGB bei jeder Form von Sachmangelanspruch zu berücksichtigen ist (BGH BauR 1984, 395).

Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb das Thüringer Oberlandesgericht infolge fehlender Feststellbarkeit des Verursachungsbeitrages zur Auffassung gelangt, dass sich die Stadt als Auftraggeber das Mitverschulden ihres Planers doch nicht zurechnen lassen muss.

Der Gesetzgeber hält unter § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB die Grundregel der Haftung zu gleichen Teilen bereit, wenn ein Verteilungsmaßstab fehlt.

Will einer der Gesamtschuldner eine von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Verteilung, so ist er für diese beweispflichtig (BGH NJW 88, 134).

Wenn vorliegend Quoten nicht erweislich waren, so geht dies zu Lasten des Gesamtschuldners, der eine von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Quote beansprucht.

Das Gericht hätte daher vorliegend analog § 254 BGB das über den Planungsfehler zuzurechnende Mitverschulden der Stadt Erfurt mit 50 % berücksichtigen müssen.

Das Urteil wurde gleichwohl rechtkräftig, der BGH hat mit Beschluss vom 06.09.2012 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

(OLG Jena Urteil vom 21.07.2011 – 1 U 1223/05; BGH Beschluss vom 06.09.2012- VII ZR 174/11).

RA Raber, 28.12.2012

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