Konkludente Abnahme beim Bauträger?

 

OLG Koblenz Urteil vom 19.10.2016 - 5U  458/16

 

Geklagt

 

Die Klägerin, ein Bauträger verlangt von den Erwerbern die Rückabwicklung eines Bauträgervertrages über Eigentumswohnungen.

 

Der Vertrag enthielt folgende Regelung:

 

„Der Käufer ist zur Teilabnahme verpflichtet, wenn der Vertragsgegenstand bezugsfertig ist (Abnahme der Bezugsfertigkeit. ()

Der Abnahme der Bezugsfertigkeit steht es gleich, wenn der Käufer sie ohne Angabe eines triftigen Grundes verweigert, wenn er sich über die Abnahme nicht erklärt, obwohl ihm der Verkäufer eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung einräumt und ihn auf die Folgen ausdrücklich hingewiesen hat oder wenn er den Vertragsgegenstand-mit oder ohne Einverständnis des Verkäufers-in Gebrauch nimmt.

 

Nach Abnahme der Bezugsfertigkeit ist der Käufer berechtigt (aber nicht verpflichtet), vom Verkäufer zu verlangen, dass ihm der Vertragsgegenstand Zug um Zug gegen Zahlung aller fälligen oder dann fällig werdenden Kaufpreisteile übergeben wird.

Der Verkäufer kann die Übergabe dann aber davon abhängig machen, dass der Käufer die noch nicht fälligen Kaufpreisteile beim beurkundenden Notar mit der Weisung hinterlegt, sie bei Fälligkeit an den Verkäufer auszuzahlen; der Käufer ist in diesem Fall verpflichtet, die Fälligkeit zu gegebener Zeit zur Vorlage beim Notar schriftlich zu beantragen.

 

Die Erwerber zahlten nach dem Zahlungsplan jeweils die fälligen Raten und bezogen schließlich die Wohneinheiten, ohne dass es zuvor zu einer förmlichen Abnahme kam.

 

Sie rügten insbesondere Mängel.

 

Aufgrund des erfolgten Einzugs forderte der Bauträger die offenen Kaufpreisraten nebst Schlussrate und setzte Nachfrist zur Zahlung, die ergebnislos verstrich.

 

Hierauf trat der Bauträger vom Bauträgervertrag zurück und forderte dessen Rückabwicklung.

 

Die Erwerber vertreten den Standpunkt, dass zum einen zahlreiche Mängel der Abnahme entgegenstehen, zum anderen die im Vertrag genannte Verpflichtung zur Hinterlegung des Kaufpreises unwirksam sei.

 

 

 

Entschieden

 

Das Landgericht Koblenz gab der Klage des Bauträgers statt.

 

Die Beklagten hätten die ausstehenden Kaufpreisraten hinterlegen müssen, was nicht geschah, weshalb der Bauträger zum Rücktritt berechtigt war.

 

Es hat den Erwerbern auch verwehrt sich auf die fehlende Abnahme zu berufen, denn diese haben sie durch die Inbesitznahme selbst vereitelt.

 

Hiergegen wendet sich die erfolgreiche Berufung der Erwerber.

 

Das OLG Koblenz hob das Urteil des Landgerichts Koblenz auf und wies die Klage des Bauträgers ab.

 

Die Vertragsklausel, wonach die Ingebrauchnahme dazu führt, dass die Abnahme fingiert wird ist unwirksam.

 

Es liegt auch keine konkludente Abnahme vor, wenn der Besteller erkennen lässt, dass er das Werk nicht als vertragsgemäß gelten lässt.

 

Die Erwerber waren auch nicht verpflichtet den offenen Betrag zu hinterlegen, denn der Bauträger hatte keinen Anspruch darauf, dass ein noch nicht fälliger Zahlungsanspruch hinterlegt wird.

 

Infolgedessen war der Bauträger nicht zum Rücktritt berechtigt, so dass ein Rückgewährschuldverhältnis nicht entstanden ist.

 

Kommentiert

 

Die vom OLG Koblenz entschiedene Fallkonstellation ist zahlreichen Bauträgerverträgen und GU-Verträgen immanent.

 

Regelmäßig wird versucht durch die Bezugnahme die Abnahme zu fingieren, um auf diese Weise die Fälligkeit offener Raten herbeizuführen, die dann auch bei Mängel-Einwendungen zumindest zu hinterlegen sind.

 

Der BGH hatte in einer Entscheidung vom 11.10.1984 entschieden, dass die in einem Formularvertrag enthaltene Klausel, wonach der Veräußerer verlangen kann, dass der Erwerber ohne Rücksicht auf vorhandene Baumängel vor Übergabe des bezugsfertigen Bauwerks den noch nicht fälligen Erwerbspreis hinterlegen muss unwirksam ist (BGH Urteil vom 11.10.1984-VII ZR 248/83).

 

Die Entscheidung des OLG Koblenz ist daher von großer Bedeutung für alle Erwerber im Rahmen eines Bauträgervertrages oder Bauherren im Rahmen eines entsprechenden GU/-Vertrages, die sich einerseits in der Not sehen beispielsweise im Verzugsfall die Wohnung zu beziehen, andererseits aber infolge von Mängeln den Eintritt der Abnahmewirkung vermeiden wollen.

 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

 

Es bleibt also mit Spannung die mögliche Entscheidung des BGH hierzu abzuwarten.

 

Manfred Raber, Fachanwalt und Architektenrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Erfurt  

OLG Koblenz Urteil vom 19.10.2016-5U 458/16

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