Freude und Sorge – Was bringt 2018 für das Handwerk?


 
Das Jahr 2017 war ein gutes Jahr.
 
Die Preise stiegen von Monat zu Monat, kein Handwerksbetrieb musste mehr Schlange stehen, um einen Auftrag zu ergattern, aus dem Angebotsmarkt wurde ein Nachfragemarkt.
 
Ich kann mich gut an jene Zeiten in den 90iger Jahren erinnern, in denen der Nachfrageboom nach der Wiedervereinigung einbrach und insbesondere in Mitteldeutschland die gerade erst mühselig aufgebauten Handwerksfirmen reihenweise zusammenbrachen.
 
Schön, dass es so heute nicht ist.
 
Bei aller Freude über diese Entwicklung ist gleichwohl Sorge angebracht.
 
Was derzeit stattfindet, ist eine Überhitzung, eine Nachfragesituation, der das Bauhandwerk selbst nicht mehr nachkommen kann.
 
Auf öffentliche Ausschreibungen werden keine Angebote mehr abgegeben, weil die Auftragsbücher bereits voll sind, das Fehlen einzelner Gewerke führt zu Verschiebungen ganzer Bauvorhaben, Terminpläne können nicht eingehalten werden, wozu es ausreicht, wenn eines von zahlreichen Schlüsselgewerken nicht pünktlich ist oder sein kann.
 
Abhilfe erscheint nur denkbar, wenn es gelingt, für ausreichenden Nachwuchs in den Brauhandwerksbetrieben Sorge zu tragen, zumal in den nächsten zehn Jahren anderenfalls zahlreiche Bauhandwerksbetriebe schließen würden, weil deren Inhaber in den Ruhestand gehen.
 
Doch es sieht schlecht aus.
 
Es gibt keinen Nachwuchs.
 
Im Jahr 2017 blieben 15.000 Lehrstellen nach Angaben des ZDH unbesetzt.
 
Infolgedessen fehlt es an jungen Fachkräften.
 
Kaum ein junger Mensch fühlt sich von einer Karriere als Handwerker angesprochen.
 
Stattdessen entscheiden sich junge Menschen nach dem Abitur für ein Studium, obschon ihre Berufsaussichten im Handwerk weit besser sind.
 
Lag die Erwerbslosenquote im Jahre 2016 bei Absolventen einer Meister- und Technikerausbildung bei 1,7 %, so mussten Hochschulabsolventen mit 2,4 % Erwerbslosenquote leben.
 
Auch die Einkünfte von Fachkräften im Bauhandwerk sind keineswegs schlechter, als die zahlreicher Hochschulabsolventen.
 
Auch die Arbeitszeiten vermögen nicht zu überzeugen, denn wer als Hochschulabsolvent, sei es als Arzt, Rechtsanwalt oder Ingenieur erfolgreich sein will, darf sich selbstverständlich über eine 60 h Woche freuen.
 
Was also spricht dagegen, dass sich junge Menschen für das Handwerk entscheiden?
 
Liegt es daran, dass die Ausbildungsvergütung unzureichend ist?
 
Kaum, denn die Ausbildungsvergütung im Baugewerbe betrug bereits Stand Juli 2015 im 1. Lehrjahr zwischen 500 € und 630, im 2. Lehrjahr zwischen 500 € und 900und im 3. Lehrjahr
zwischen 635 € und 1.180 €, in Bereichen der gewerblichen Ausbildung mit vier Lehrjahren regelmäßig zwischen 1.100 € und 1.226 € im 4. Lehrjahr, während der Bafög-Höchstsatz bei 735 € liegt, so dass die Vergütung nicht entscheidend sein kann.
 
Der Grund könnte daher sein, dass das Bauhandwerk junge Menschen deshalb nicht anspricht, weil es nicht ausreichend innovativ ist.
 
Die Industrie hat in den vergangenen Jahren, bedingt auch durch politische Vorgaben, beispielsweise infolge des EEG zahlreiche neue Technologien auf den Markt gebracht.
 
Es gibt heute Smart-Home-Installationen, die mehr und mehr nachgefragt werden.
 
Trotzdem entsteht der Eindruck, dass im Handwerk auch heute noch sowohl hinsichtlich des Arbeitskräfteeinsatzes, als auch der Arbeitszeit so gearbeitet wird, wie vor Jahrzehnten.
 
Das Handwerk muss die Chancen, die sich aus neuen Produkten einerseits und der Digitalisierung andererseits ergeben, nutzen, um selbst mit weniger Arbeitskraft und weniger Zeit zum gleichen Erfolg zu gelangen.
 
Vielleicht wird der Markt dann auch wieder interessanter für Schulabgänger, die sich derzeit noch für eine Hochschulausbildung entscheiden.
 
Schließlich wird es notwendig sein, in Kooperation mit Fachhochschulen duale Studiengänge anzubieten, bei denen bautechnisches Wissen einerseits und eine kaufmännische Ausbildung andererseits im Vordergrund stehen.
 
Erstmals seit vielen Jahren können Bauhandwerksbetriebe derzeit beträchtliche Gewinne machen.
 
Da die derzeitige Situation nicht ewig bleiben wird, wie sie ist, sondern sich die Konjunktur infolge Fachkräftemangel von selbst ausbremsen wird, ist jeder Bauhandwerksbetrieb gut beraten, wenn er seine derzeitige Einnahmesituation für innovative Investitionen nutzt.
 
Dann wird nicht nur 2018, sondern auch die weitere Zukunft dem Handwerk goldenen Boden bereiten.
 
 
RA Raber, 04.01.2018

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