Erwerber muss Mängel nicht unverzüglich rügen!

OLG Koblenz, Urteil vom 02.03.2017 2 U 296/16 (nicht rechtskräftig)
Geklagt:

Der Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) hat im Wege einer Verbandsklage nach dem Unterlassungsklagegesetz gegen einen großen deutschen Fertighausanbieter auf Unterlassung, der Verwendung der folgenden Klausel geklagt:

Offensichtliche Mängel gelieferter Ausbaupakete müssen die Bauherren dem Unternehmen unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Woche nach Lieferung, schriftlich mitteilen. Dasselbe gilt, wenn das Unternehmen offensichtlich eine zu geringe oder Mehrmengen geliefert hat. Unterlässt der Bauherr in diesen Fällen die rechtzeitige Mitteilung, kann er die entsprechenden Mängel bzw. Mehrmengen bei den Ausbaupaketen nicht mehr geltend.“

 Das OLG hatte über die Wirksamkeit dieser Klausel zu entscheiden.

Entschieden:

Das OLG Koblenz gab dem Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) Recht.

Zum einen handelt es sich bei einem Fertighausvertrag, um einen Werkvertrag, der nicht in mehrere vertragsrechtlich unterschiedlich zu beurteilende Teilleistungen aufgespaltet werden kann.

Das Werkvertragsrecht kennt eine Ausschlussfrist, innerhalb der bestimmte Mängelrügen oder Mengenrügen erhoben werden müssen, nicht.

Aus diesem Grunde kann diese auch nicht in einem Fertighausvertrag, Verwendung finden.

Schließlich kommt hinzu, dass die Klausel auf eine Rügepflicht, vergleichbar § 377 HGB, hinausläuft, die ausschließlich im kaufmännischen Verkehr gilt, nicht gegenüber Verbrauchern.

Der Verbraucher ist berechtigt, Mängelrügen im Rahmen der Gewährleistungsfrist vorzutragen.

Ein berechtigtes Beschleunigungsinteresse des Unternehmers besteht gegenüber dem Verbraucher nicht.

Die Klausel verstößt daher gegen § 309 Nr. 8 b) ee) BGB und ist unangemessen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Sie gefährdet darüber hinaus den Vertragszweck (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Kommentiert:

Die Entscheidung ist zu begrüßen.

Die verwendete Klausel, weicht vom gesetzlichen Leitbild wesentlich ab.

Gemäß § 640 Abs. 2 BGB verliert der Besteller bei unterbliebener Rüge offensichtlicher Mängel die Gewährleistungsrechte nach § 634 Nr. 1-3 BGB mit der Abnahme.

Selbst wenn er offensichtliche Mängel nicht bei Abnahme rügt, bleiben ihm also immer noch die Ansprüche auf Schadens- und Aufwendungsersatz nach § 634 Nr. 4 BGB erhalten.

Nach der vorliegenden Klausel müsste der Verbraucher bereits bei Lieferung rügen, da er sonst sämtliche Rechte verliert.

RA Raber, 03.08.2017

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