Ende der SOKA Bau?!

Tausende von Handwerksbetrieben wurden und werden im Wesentlichen gegen ihren Willen am Sozialkassenverfahren des Baugewerbes beteiligt.
Grundlage dessen ist der für allgemein verbindlich erklärte Tarifvertrag VTV (Sozialkassenverfahren des Baugewerbes)

Dieser Tarifvertrag wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemein verbindlich erklärt, mit der Folge dass alle Arbeitgeber der Branche, unabhängig von ihrer Tarifbindung zur Zahlung der üppigen Beiträge verpflichtet sind.

Am 21.09.2016 entschied das BAG über die Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) des VTV 2008 und 2010 unter dem Az. 10 ABR 33/15 und am gleichen Tage über die AVE des VTV 2014 unter dem Az. 10 ABR 48/15.

Ministerin Nahles hatte aufgrund des Einspruchs des Freistaats Sachsen nach § 5 Abs. 3 TVG gegen die beabsichtigte AVE die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt und die AVE erteilt.

Das BAG verneint die Voraussetzungen.

Es gibt keine tragfähige Grundlage für die Annahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der AVE VTV 2014 in der Baubranche mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt waren.

Insbesondere durfte, anders als vom BMAS angenommen die in der jeweiligen AVE vorgenommene Einschränkung des betrieblichen Geltungsbereichs bei der Berechnung der 50 %-Quote nicht berücksichtigt werden.

Mit anderen Worten das BMAS hat sich aus politischen Gründen bei Erteilung der Allgemeinverbindlicherklärung nicht die Mühe gemacht nachzuweisen dass mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des VTV fallenden Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern der Baubranche beschäftigt waren.

Hinzukommt, dass derzeit auch die AVE 2006, 2012 und 2013 zur Entscheidung anstehen und voraussichtlich im Dezember 2016 vom BAG entschieden werden.

Es ist derzeit davon auszugehen, dass diese Entscheidungen nicht anders aussehen, als jene vom 21.09.2016.

Die Entscheidungen des BAG haben enorme Auswirkungen.

Sie könnten das Ende der SOKA Bau bedeuten.

Mit der fehlenden AVE ist die Rechtsgrundlage der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft, also der SOKA Bau für die Zeit von 2006-2014 gegenüber den Betrieben entfallen, bei denen es auf die AVE ankommt, also allen nicht bereits von vornherein tarifgebundenen Unternehmen.

Alle nichttarifgebundenen Arbeitgeber sind nicht verpflichtet für diesen Zeitraum Beiträge zu leisten.

Die Klagen der SOKA Bau in den insoweit anhängigen Verfahren sind abzuweisen.
                                 
Das BAG hat damit vielen mittelständischen Betrieben, für die die rückwirkende Veranlagung der SOKA Bau das Ende bedeutet hätte ein begrüßenswertes Weihnachtsgeschenk gemacht.

Leider deutet das BAG in seiner Entscheidung allerdings auch an, dass bereits abgeschlossene Klageverfahren über Beitragsansprüche von der Feststellung der Unwirksamkeit der AVE nicht berührt werden, also eine Wiederaufnahme im Wege einer Restitutionsklage gemäß § 580 ZPO nicht möglich sei.

Offen gelassen hat der Senat, ob möglicherweise Rückforderungsansprüche hinsichtlich erbrachter Beitrags-und Erstattungsleistungen unter Beachtung der Verjährungsfristen bestehen und ob die Unwirksamkeit der AVE einer Vollstreckung von Beitragsansprüchen aus rechtskräftigen Entscheidungen durch die SOKA Bau entgegensteht.

Sollte noch nicht vollstreckt worden sein, empfiehlt es sich in jedem Fall Vollstreckungsabwehrklage einzureichen.

Denn eines steht fest:

Allen Beitragszahlungen, die durch Nichttarifgebundene geleistet wurden, fehlt die Rechtsgrundlage.

BAG-Beschluss vom 21.09.2016 - 10 ABR 48/15
BAG Beschluss vom 21.09.2016 - 10 ABR 33/15

Rechtsanwalt Raber, 05.12.2016

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben