Das neue Bauvertragsrecht-Vorteile und Chancen für Ihren Betrieb

Einleitung

Am 01.01.2018 tritt das neue Bauvertragsrecht in Kraft.

Meine Info-Post 2/2017 vom 30.03.2017 hatte einen Überblick über alle Änderungen zum Inhalt.

Ziel dieser Info-Post ist es ausschließlich den am Bau beteiligten Gewerken ohne weitschweifige juristische Darlegungen aufzuzeigen, was das neue Baurecht ausschließlich für Sie bringt, worauf Sie achten müssen und welche Chancen sich ergeben.

Viel Spaß bei der Lektüre.


Zur Sache

  

1. Haftung des Lieferanten für mangelhaftes Baumaterial

Der Werkunternehmer bezieht Baustoffe vom Lieferanten (Kaufvertrag) und baut diese beim Besteller ein (Werkvertrag).

Stellt sich danach heraus, dass der Baustoff mangelhaft ist, so trifft den Werkunternehmer das volle Risiko.

Er ist gegenüber dem Besteller zur Nacherfüllung verpflichtet, also Ausbau des mangelhaften Baustoffs und Einbau des mangelfreien Baustoffs.

Vom Lieferanten konnten Sie bislang lediglich Ersatzlieferung, also mangelfreien Baustoff verlangen.

Die meist sehr viel höheren Kosten, die dem Werkunternehmer für den Aus- und Wiedereinbau entstanden sind, verbunden möglicherweise mit Verzugsschadensersatzansprüchen des Bestellers wurden ihm nicht erstattet.

Dies ändert sich.

Mit dem neuen § 439 Abs. 3 BGB kann der Werkunternehmer vom Lieferanten verlangen, dass dieser entweder die mangelhafte Sache selbst ausbaut und die nachgebesserte oder nachgelieferte mangelfreie Sache einbaut oder der Werkunternehmer dies selbst vornimmt und ihm der Lieferant die dafür entstandenen Kosten erstatten muss. 

Bisher war dies nur dann möglich, wenn dem Lieferanten ein Verschulden nachgewiesen werden konnte, in der Praxis eine unüberwindliche Hürde.

Darauf kommt es ab 01.01.2018 nicht mehr an.

Ein Wehrmutstropfen verbleibt allerdings auch in Zukunft.

Die gesetzliche Neuregelung ist leider nicht AGB-fest.

Dies bedeutet, dass die Lieferanten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Klauseln verankern werden, um den verschuldensunabhängigen Anspruch des Bestellers auszuschließen, zu beschränken oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen.

Der Gesetzgeber geht allerdings davon aus, dass die Rechtsprechung solchen Versuchen entgegentreten wird, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam sind, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners darstellen.

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die AGB-Klausel vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht.

Sie sollten sich daher zukünftig nicht mehr davon abhalten lassen, die Ihnen entstehenden Kosten des Aus- und Wiedereinbaus gegen den Lieferanten geltend zu machen.

Was müssen Sie beachten?

a)

Sie müssen beim Einbau gutgläubig sein.

Kennen Sie den Mangel beim Einbau, so sind Sie nicht geschützt.

Gleiches gilt, wenn der Einbau entgegen der funktionellen Bestimmung des Gegenstandes erfolgt oder die mangelhafte Sache nicht fachgerecht eingebaut wurde.

In diesem Fall trifft Sie zumindest eine Mitverantwortung, weil die Sache dann sowieso wieder ausgebaut werden musste.

b)

Die größte Hürde wird auch zukünftig § 377 HGB sein.

Danach sind Sie verpflichtet, die Ware unverzüglich nach Anlieferung auf Mangelhaftigkeit zu prüfen und sollten Sie Mängel feststellen, diese unverzüglich (am besten schriftlich) zu rügen.

Hier herrschen strenge Maßstäbe, zumal Sie davon ausgehen können, dass sich die Lieferanten angesichts der für Sie nachteiligen gesetzlichen Änderung zukünftig vermehrt hinter § 377 HGB verstecken werden.

c)

Achten Sie bitte außerdem darauf, dass Ihre Gewährleistungsansprüche bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB) zwar fünf Jahre beträgt, aber diese Frist mit der Anlieferung der mangelhaften Ware beginnt, während die Gewährleistungsfrist des Bestellers erst mit Abnahme Ihrer Bauleistung beginnt, sich also zwangsläufig eine Haftungsschere auftut, die relevant wird, wenn der Besteller kurz vor Ablauf seiner Gewährleistungsfrist Mängel rügt.

Fazit:

Die Gesetzesänderung ist in Ihrem Interesse und entspricht einer langjährigen Forderung der Handwerksverbände.

Um den Anspruch allerdings tatsächlich geltend machen zu können, muss zwingend die Prüfung der Ware unverzüglich nach Anlieferung erfolgen und erkennbare Mängel ebenfalls unverzüglich gerügt werden.

2. Abschlagszahlungen

Außerhalb des VOB-Vertrages, also bei BGB-Verträgen, konnten Abschlagszahlungen nur dann verlangt werden, wenn die mit der Abschlagsrechnung abgerechnete Werkleistung mit einem Wertzuwachs im Vermögen des Auftraggebers verbunden war.

Diese gesetzliche Regelung hat die VOB/B bewusst vermieden, sodass im VOB-Vertrag Abschläge nach der Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistung verlangt werden können.

Im VOB-Vertrag kommt es also auf den Wert der vertragsgemäßen Leistung, letztlich nach Maßgabe des vertragsgegenständlichen Angebotes an, beim BGB-Vertrag dagegen auf einen Wertzuwachs im Vermögen des Auftraggebers.

Ein und dasselbe Fenster, eingebaut in der Münchener Innenstadt, führt zu einem größeren Wertzuwachs bei einer Immobilie, als im Falle des Einbaus in der Ortsrandlage von Eisenhüttenstadt.

Kann dies maßgeblich dafür sein, in welcher Höhe Sie einen Abschlag abrechnen dürfen? Sicherlich nicht.

Der Gesetzgeber hat dies erkannt und die gesetzliche Regelung der VOB/B angepasst, sodass Sie in Zukunft ebenso wie im VOB-Vertrag Abschläge nach dem Vertragswert der vertragsgerecht erbrachten Leistungen abrechnen können.

Die Regelung entspricht damit § 16 Abs. 1 S. 1 VOB/B.

3. Fiktive Abnahme im BGB-Vertrag

Die Abnahme ist von großer Bedeutung.

Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Besteller über, die Gewährleistung beginnt, die Beweislast für Mängel liegt fortan beim Besteller und die Schlussrechnung wird fällig.

Der VOB-Vertrag kennt die förmliche Abnahme, bei der die Parteien, regelmäßig im Rahmen einer Abnahmebegehung, ein Abnahmeprotokoll erstellen, in dem sich der Auftraggeber Mängel vorbehält, ebenfalls mögliche Vertragsstrafenansprüche.

Des Weiteren kennt der VOB-Vertrag die konkludente Abnahme, bei der der Auftraggeber regelmäßig durch die Inbesitznahme der Werkleistung, beispielsweise durch Einzug in das Haus, ohne Mängelrüge die Leistung stillschweigend abnimmt, weil er durch sein Verhalten erkennen lässt, dass er die Bauleistung im Wesentlichen als mangelfrei erachtet.

Des Weiteren kennt der VOB-Vertrag die fiktive Abnahme, wonach die Abnahmewirkung innerhalb von 12 Werktagen, nach schriftlicher Mitteilung des Auftragnehmers über die Fertigstellung der Leistung eintritt (§12 Abs. 5 S. 1 VOB/B).

Diese fiktive Abnahme gab es außerhalb des VOB-Vertrages bisher nicht.

Sie konnten daher nur auf eine förmliche Abnahme oder die konkludente Abnahme hoffen.

Nunmehr hat der Gesetzgeber unter § 640 Abs. 2 BGB die fiktive Abnahme auch im BGB-Vertrag eingeführt.

Danach gilt das Werk als abgenommen, wenn der Werkunternehmer den Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat.

Dies stellt keine Verschlechterung gegenüber der VOB dar, denn auch dort hat der nicht abnahmebereite Besteller regelmäßig mit schriftlichen Mangelrügen auf die Fertigstellungsmitteilung reagiert.

Interessant ist allerdings für Sie, dass Sie bei Verbrauchern in der Fertigstellungsmitteilung zukünftig darauf hinweisen müssen, welche Rechtsfolgen sich aus der Fertigstellungsmitteilung ergeben.

Zumindest sollte in einem Nebensatz darauf hingewiesen werden, dass mit dem Ablauf der gesetzten angemessenen Frist die Abnahmewirkungen eintreten.

Nützlich ist auch ein Hinweis auf die Rechtsgrundlage, also § 640 Abs. 2 BGB.

4. Kündigung aus wichtigem Grund und die Folgen

Der Gesetzgeber hat zum einen die Kündigung aus wichtigem Grund nunmehr ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen, zum anderen die Möglichkeit der Teilkündigung des Bestellers bei abgrenzbaren Teilen der Leistung.

Es bedarf also nicht mehr, wie in der Vergangenheit, in sich abgeschlossener Leistungen.

Als Unternehmer wissen Sie, dass für Sie eine Kündigung des Werkvertrages meist nicht in Betracht kommt und Ihr Risiko groß ist, dass Sie mit einer unwirksamen Auftragnehmerkündigung die Vorlage für eine dann wirksame Aufraggeberkündigung aus wichtigem Grund schaffen.

Aus diesem Grund sind Sie vorsichtig.

Auf Bestellerseite fehlt es oft an dieser Vorsicht.

Die Neuregelung wird die Bereitschaft zur Kündigung aus vermeintlich wichtigem Grund oder zur Teilkündigung noch fördern, sodass sich naturgemäß im Prozess die Frage auftut, ob denn tatsächlich ein wichtiger Grund vorlag.

Ist dies nämlich (regelmäßig) nicht der Fall, dann liegt eine freie Kündigung des Bauvertrages durch den Besteller vor.

Kündigt der Besteller, ohne dass ihm ein wichtiger Grund zur Seite steht, so können Sie nicht nur die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen abrechnen, sondern darüber hinaus die nicht erbrachten Leistungen, letztere freilich unter Abzug ersparter Aufwendungen.

Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass die nicht erbrachten Leistungen mit einer Pauschale von 5 % abgerechnet werden, weil dies im Gesetz so steht.

Dies ist falsch.

Der Gesetzgeber hat im bisherigen § 649 BGB lediglich eine Vermutung aufgenommen, dass der auf die nicht erbrachten Leistungen entfallende Anteil 5 % beträgt.

Tatsächlich steht Ihnen weit mehr zu.

Als ersparte Aufwendungen gelten:

a) Gerätekosten

b) Materialkosten

c) Baustellengemeinkosten (BGK)

Als nicht ersparte Kosten gelten:

a) Lohnkosten

b) Allgemeine Geschäftskosten (AGK)

c) Wagnis

d) Gewinn

Wie Sie sehen, sind insbesondere die Lohnkosten, die Sie für die Bauleistung einkalkuliert haben, komplett nicht erspart und können bei einer freien Kündigung abgerechnet werden. 

Dies gilt nur dann nicht, wenn Sie wegen des frei gekündigten Vertrages einen Füllauftrag angenommen haben.

Subunternehmerkosten sind nur dann erspart, wenn für den Subunternehmer in Folge der Kündigung keine Kosten anfallen, er also noch gar nicht beauftragt war.

Ich gehe davon aus, dass es in Zukunft noch häufiger zu Kündigungen seitens der Besteller kommt, sei es aus Unzufriedenheit, sei es weil dem Besteller das Geld ausgegangen ist.

Sie sollten daran denken, dass wahrscheinlich von einer freien Kündigung auszugehen ist und Sie für den noch nicht erbrachten Teil der Leistung die Lohnkosten, die Allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn abrechnen können.

Und noch etwas.

Die Kündigung muss zukünftig, um wirksam zu sein, schriftlich erfolgen.

Schriftlich heißt schriftlich, nicht Fax, nicht Mail nicht WhatsApp und erst recht nicht mündlich.

Dies sollten Sie sowohl bei Ihrer Kündigung beachten, als auch dann, wenn Ihnen der Besteller eine Kündigung ausspricht.

5. Gemeinsame Zustandsfeststellung bei Kündigung und Abnahme

Zeigt der Unternehmer die Fertigstellung der Bauleistung an und verlangt deren Abnahme und verweigert diese der Besteller unter Angabe von Mängeln, so kann der Werkunternehmer zukünftig die Feststellung des Zustandes des Werks verlangen.

Gleiches gilt, wenn der Besteller den Vertrag gekündigt hat.

Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber ein wirksames Mittel geschaffen, um dem Werkunternehmer bei der Durchsetzung seiner berechtigten Ansprüche zu helfen.

Es reicht dann eben nicht mehr, dass der Besteller lediglich Mängel rügt und gegebenenfalls vorher erfindet, sondern er muss an der Feststellung des Zustandes des Werkes auf Verlangen des Werkunternehmers mitwirken. 

Kommt er dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, so kann der Werkunternehmer selbst die Zustandsfeststellung bindend durchführen.

Kommt es zur Zustandsfeststellung und ist im Protokoll hieraus ein offenkundiger Mangel nicht angegeben, so wird vermutet, dass dieser zum Zeitpunkt der Zustandsfeststellung nicht vorlag, sondern erst später entstanden ist und vom Besteller zu vertreten ist.

Mit der Zustandsfeststellung geht außerdem die Gefahr auf den Besteller über.

Damit kommt der Zustandsfeststellung de facto eine Vorwegnahme der Abnahme gleich.

Ich rate Ihnen daher dringend zukünftig die Zustandsfeststellung zu verlangen, wenn der Besteller den Vertrag gekündigt hat oder auf die Fertigstellungsmitteilung mit Mängelrügen reagiert.

6. Anordnungsrecht

Kernstück des neuen Bauvertragsrechts sind die Anordnungsrechte.

Der VOB-Vertrag kennt diese schon lange, nämlich das Recht des Bestellers Änderungen des Bauentwurfs (§ 1 Abs. 3 VOB/B) oder zusätzliche Leistungen (§ 1 Abs. 4 VOB/B) anzuordnen.

Hieraus resultiert für den Werkunternehmer gem. § 2 Abs. 5 VOB/B also bei Änderungen und aus § 2 Abs. 6 VOB/B bei zusätzlichen Leistungen der Anspruch auf einen Nachtrag.

Das BGB kannte dies so bislang nicht, obschon es auch im BGB-Vertrag immer auch Änderungen im Bauentwurf und die Anordnung zusätzlicher Leistungen gegeben hat.

Streit wird es zukünftig weniger darüber geben, ob die geänderte/zusätzliche Leistung ausgeführt werden soll, denn jeder Werkunternehmer lebt (auch) von Nachträgen.

Gestritten wird allenfalls über den Preis.

Dabei hätte es sich der Gesetzgeber leicht machen können, wenn er einfach die Regelung in § 2 Abs. 5 VOB/B bei Änderungen und § 2 Abs. 6 VOB/B bei zusätzlichen Leistungen übernommen hätte.

Stattdessen hat der Gesetzgeber eine für Sie interessante Lösung gefunden.

Sie haben nämlich die Wahl.

Sie können entweder den Nachtrag auf der Grundlage Ihrer Urkalkulation abrechnen, also die Preise fortschreiben oder Sie können die tatsächlich erforderlichen Kosten mit Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn ermitteln.

Damit stehen Sie besser, als im VOB-Vertrag.

Dort gilt nämlich:

guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis.

Nach der Neuregelung im Gesetz können Sie bei einem gut kalkulierten Preis auf Ihre Urkalkulation zurückgreifen und den Preis im Nachtrag fortschreiben oder falls Sie schlecht kalkuliert haben, eine komplett neue Kalkulation des Nachtragspreises vorlegen.

Der Gesetzgeber geht noch weiter.

Sie können nämlich, sobald der Nachtrag zustande gekommen ist, einen Abschlag in Höhe von 80 % des Nachtragsangebotes abrechnen.

Was geschieht, wenn der Besteller mit Ihrem Angebot nicht einverstanden ist, den Nachtrag also nicht bestätigt.

Der Gesetzgeber gibt hierauf eine Antwort, die kein Baupraktiker geben würde.

Sie sollen nämlich dann 30 Tage Zeit haben, ob Sie den Wunsch des Bestellers auf Änderung oder Zusatzleistung akzeptieren oder nicht.

Allein diese Frist hebelt jeden Bauablaufplan aus, sodass der Besteller letztlich gar nicht anders kann, als Ihre Bedingungen zu akzeptieren.

Sollten sie nach 30 Tagen ablehnen, so hat der Besteller die Möglichkeit im Wege einer einstweiligen Verfügung eine Regelung herbeizuführen.

Zu diesem Zweck werden an den Landgerichten eigens Baukammern und an den Oberlandesgerichten eigens Bausenate eingerichtet.

Dort soll nunmehr der Richter entscheiden, welcher Preis angemessen ist und welcher nicht.

Der Richter kann dies nicht entscheiden, er wird letztlich einen Sachverständigen, einen Baubetriebler hinzuziehen.

Dabei geht wiederum endlos Zeit ins Land, die der Besteller gar nicht hat.

Mit der Übertragung der Anordnungsrechte aus der VOB/B in das BGB wollte der Gesetzgeber die Rechte des Bestellers erweitern und hat letztlich Ihre Möglichkeiten Nachträge zu generieren verbessert.

7. Sicherheit

Interessante Folgen ergeben sich aus dem neuen Abs. 6 des § 650 f BGB, der an die Stelle des ehemaligen § 648 a BGB (Bauhandwerkersicherheit) tritt.

Ursprünglich stand dem Werkunternehmer Sicherheit nur im Wege einer Vormerkung für eine Handwerkersicherungshypothek zu.

Waren der Besteller und der Eigentümer des Grundstücks auf dem die Bauleistung erbracht wird, nicht identisch, so gab es keine Sicherheit für den Werkunternehmer.

Außerdem war das Grundstück regelmäßig bereits erstrangig durch ein Grundpfandrecht des finanzierenden Kreditinstituts belastet, sodass der Werkunternehmer ohnehin nicht an der relevanten ersten Rangstelle saß.

Der Gesetzgeber hat dies vor vielen Jahren bereits erkannt und den § 648 a BGB eingeführt.

Danach kann der Werkunternehmer Sicherheit für die vertraglich vereinbarte Leistung regelmäßig im Rahmen einer Bankbürgschaft verlangen.

Ausgenommen von der Sicherheit waren bislang juristische Personen des öffentlichen Rechts und der klassische Häuslebauer, denn bei ihm ergab sich für den Werkunternehmer die Möglichkeit Sicherheit im Wege einer Handwerkersicherungshypothek zu erlangen.

Dass solch eine Sicherheit nicht ausreichend war, lag aus den vorgenannten Gründen auf der Hand.

Nunmehr hat der Gesetzgeber dieses Privileg des Verbrauchers als Besteller ausgedehnt, nämlich vom Einfamilienhaus auf das Mehrfamilienhaus.

Er nimmt dem Werkunternehmer also mit der einen Hand die Sicherheit, die er ihm vor Jahren gegeben hat.

Allerdings gibt er mit der anderen Hand etwas Besseres.

Voraussetzung für das Privileg des Verbrauchers ist nämlich, dass die Errichtung eines Gebäudes durch den Besteller auf der Basis eines einheitlichen Vertrages erfolgt.

Nicht erfasst von der Privilegierung wird also die gewerkeweise Vergabe von Bauleistungen.

War der private Häuslebauer bislang vor einem Sicherheitsbegehren des Trockenbauers gem. § 648 a BGB geschützt, so fällt diese Privilegierung zukünftig weg, denn sie gilt praktisch nur noch für den Anbieter einer Komplettleistung, also Generalunternehmer/Generalübernehmer.

Für die Baugewerke ist dies eindeutig u begrüßen, für die GU/GÜ eher nicht.

8. Prüffähige Schlussrechnung

Was im VOB-Vertrag schon immer galt, nämlich dass prüfbar abzurechnen war, gilt nunmehr auch im BGB-Vertrag.

Gem. § 14 Abs. 1 S. 2 VOB/B hat der Werkunternehmer die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden.

Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen (Aufmaß).

Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen, sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen.

So regelte dies schon immer die VOB/B.

Wer sich hieran nicht hielt, konnte die Fälligkeit seiner Schlussrechnung nicht herbeiführen.

Im BGB-Vertrag galt dies nicht.

Die Schlussrechnung musste nicht prüffähig sein, daran scheiterte ihre Fälligkeit nicht.

De facto hat natürlich jeder Werkunternehmer prüfbar abgerechnet, denn wer will es unnötigerweise zum Streit kommen lassen, nur weil der Besteller die Schlussrechnung nicht prüfen kann.

Nach der Neuregelung des § 650 g Abs. 4 BGB ist die Schlussrechnung prüfbar vorzulegen, d. h. mit einer übersichtlichen Aufstellung der erbrachten Leistungen (Aufmaß).

Sie gilt dann als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat.

Damit hat der Gesetzgeber auch insoweit im Wesentlichen § 16 Abs. 3 S. 1 VOB/B übernommen.

9. Verbraucherbauvertag

Der Verbraucherschutz spielt heute eine große Rolle. 

Hintergrund ist, die sogenannte EU-Verbraucherrichtlinie, die in nationales Recht umgesetzt werden muss.

Aus diesem Grunde haben auch Verbraucherschutzverbände sehr stark Einfluss genommen auf das neue Baurecht und dabei insbesondere auf die Gestaltung des Verbraucherbauvertrages als eigenen Vertragstyp im Baurecht.

Zunächst zum unschönen Teil.

Wie zu erwarten enthält das Gesetz zum Verbraucherbauvertrag zahlreiche Verbraucherschutzregelungen, nämlich

-        Eine Baubeschreibung nach dem Muster gem. Art. 249 § 2 EGBGB

-         Ein Widerrufsrecht verbunden mit entsprechender Muster-Widerrufsbelehrung gem. Art. 249 § 3 EGBGB

-         Eine Beschränkung von Abschlagszahlungen auf 90 % der vereinbarten Vergütung einschließlich Nachträge

-         Die Pflicht zur Herausgabe von Unterlagen, die dem Nachweis der Bauordnungsrechtskonformität dienen

-         Die Unabdingbarkeit all dieser Regelungen

Nun zum Angenehmen:

All dies gilt für Sie nicht.

Ein Verbraucherbauvertrag liegt nämlich nur dann vor, wenn der Werkunternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

Betroffen hiervon ist also zunächst derjenige Werkunternehmer, der ein komplett neues Gebäude errichtet, also Hausbauunternehmen, regelmäßig als Generalunternehmer oder Generalübernehmer.

Für die einzelnen Gewerke kann ein Verbraucherbauvertrag daher nur dann vorliegen, wenn durch das Gewerk eine erhebliche Umbaumaßnahme an einem bestehenden Gebäude vorgenommen wird.

Diese Baumaßnahme muss naturgemäß sehr viel weiter gehen, als die Werkleistung, die beim Bau eines neuen Gebäudes erbracht wurde. 

Mit anderen Worten:

Wenn die Heizungsanlage des Heizungsbauers beim Bau eines neuen Gebäudes nicht zu einem Verbraucherbauvertrag führt, kann eine Umbaumaßnahme an der Heizungsanlage erst recht nicht dazu führen.

Gleichwohl kann Sie das neue Recht zum Verbraucherbauvertrag indirekt treffen, denn jeder GU/GÜ weiß, dass er bei Hausbauverträgen, die er nach dem 01.01.2018 abschließt, nur noch 90 % der Auftragssumme einschließlich Nachträge als Abschlag abrechnen kann, sich folglich am Schluss um 10 % mit dem Bauherren streitet.

Auf diesem Risiko wird er nicht alleine sitzen bleiben wollen, sondern er wird dafür Sorge tragen, dass auch Ihre Abschlagsrechnungen als sein Nachunternehmer nur bis zur Höhe von 90 % ausgeglichen werden.

10. Baukammern/Bausenate

Auch Sie haben schon, sei es als Kläger oder als Beklagter einen Rechtsstreit erlebt.

Oft entsteht für die Prozessparteien der Eindruck, dass das Gericht unzureichend vorbereitet ist.

Gerade in Bausachen ist die Bereitschaft der Gerichte groß selbst Rechtsfragen dem Sachverständigen zur Beantwortung vorzulegen.

Dies führt zu einer überlangen Verfahrensdauer und einer Kostenexplosion.

Wir haben dort, wo es schon immer Baukammern und Bausenate gab, die Erfahrung gemacht, dass die Verfahren kürzer und billiger und damit im Ergebnis besser verlaufen.

Hintergrund ist, dass Richter, die sich ausschließlich mit Baurecht beschäftigen Spezialisten sind.

Ab 01.01.2018 müssen an allen Landgerichten Baukammern und an allen Oberlandesgerichten Bausenate eingeführt werden.


Fazit

Das am 01.01.2018 in Kraft tretende neue Baurecht ist zu begrüßen.

Erstmals besteht für den Werkunternehmer die Möglichkeit beim Lieferanten schuldunabhängig Regress für den Aus- und Einbau mangelhafter Baustoffe zu verlangen, die Regelungen zu Abschlagszahlungen, der fiktiven Abnahme und der Prüffähigkeit der Schlussrechnung werden der VOB/B angepasst, eingeführt wird das Recht des Werkunternehmers Zustandsfeststellung bei Kündigung und Abnahmeverweigerung zu verlangen, die neuen Anordnungsrechte bringen es mit sich, dass Nachträge sehr viel freier kalkuliert werden können, als im VOB-Vertrag.

Der allseits gefürchtete Verbraucherbauvertrag wird die Gewerke kaum betreffen, allenfalls indirekt als Subunternehmer eines GU/, dessen Auftraggeber ein Verbraucher ist.

Die Einführung der Baukammern/Bausenate ist ebenfalls ein großer Vorteil.

Erfurt, 09.08.2017

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben