Bauträgervertrag – Übergabe des Miteigentums durch einstweilige Verfügung erzwingbar?

Landgericht München, Beschluss vom 23.06.2016 - 11 O 10314/16 (nicht rechtskräftig)

 

Geklagt:

 

Ein typischer Fall:

 

Der Erwerber einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Bauträgervertrages zahlt bis auf die Bezugs- und Fertigstellungsrate den gesamten Erwerbspreis.

 

Sodann kommt es zum Streit, der Erwerber behält Geld ein.

 

Der Bauträger verweigert die Übergabe und verweist auf dem Bauträgervertrag, in dem es heißt:

 

Der Verkäufer ist zur Übergabe verpflichtet, wenn das Vertragsobjekt vollständig fertig gestellt und die Abnahme durchgeführt ist. Er kann den Vertragsbesitz nach seinem Ermessen auch nach dessen bezugsfertiger Herstellung und Abnahme übergeben (…)

Die Übergabe kann jedenfalls verweigert werden, wenn der Käufer nicht alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlungen geleistet hat oder Zug um Zug gegen Übergabe leistet.“

Der Erwerber beantragt im Wege einer einstweiligen Verfügung die Übergabe gegen Sicherheitsleistung in Höhe des offen stehenden Betrages zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 %.

Er trägt vor, weshalb er auf die kurzfristige Übergabe der Wohnung angewiesen ist.

Entschieden:

Das Landgericht München gibt dem Erwerber Recht.

Die zitierten allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauträgers sind unwirksam.

Dies deshalb, weil die Abnahme begrifflich die Übergabe voraussetzt, Abnahme und Übergabe mithin nicht zeitlich voneinander getrennt werden können.

Außerdem kann die Übergabe nicht von der vollständigen Zahlung abhängig gemacht werden.

Dies würde dazu führen, dass der Erwerber faktisch gezwungen wird, die Schlussrate bereits mit Bezug zu bezahlen, um den Besitz an der Wohnung zu erhalten.

Kommentiert:

Die obergerichtliche Rechtsprechung ist sehr zurückhaltend bei der Frage, ob der Erwerber im Wege der einstweiligen Verfügung die Herausgabe des Besitzes der erworbenen Wohnung erzwingen kann.

Denn mit der Besitzeinräumung erfolgt eine Vorwegnahme der Hauptsache.

Dies führt dazu, dass der Erwerber im Bauträgervertrag (nicht GU/-Vertrag) eine äußerst schwache Position innehat, da der Bauträger mit Klauseln, wie der Vorstehenden arbeitet und dadurch Zahlungen erzwingen kann, auf die er infolge Verzuges oder Mängeln möglicherweise gar keinen Anspruch hat.

Der Erwerber gerät dadurch in die eindeutig schlechtere Position.

Die Entscheidung des Landgerichts München I ist daher zu begrüßen.

Es bleibt zu hoffen, dass sie vor dem OLG München standhält und mit einer rechtskräftigen Entscheidung des OLG eine Änderung der obergerichtlichen Rechtsprechung insgesamt herbeigeführt werden kann.

Zu beachten ist nämlich, dass die Entscheidung sehr ausgewogen ist und keineswegs das Risiko einseitig vom Bauherren auf dem Bauträger verschiebt, denn dem Bauträger bleibt es unbenommen seine Ansprüche geltend zu machen.

Er verfügt außerdem über die Sicherheit, die ihm im entschiedenen Fall Zug um Zug gegen Besitzeinräumung übergeben wurde.

RA Raber,03.08.2017

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