Dem Abschluss eines Bauträgervertrages zwischen den Parteien ging voran, dass sich der Käufer gegenüber dem Bauträger über einen Zeitraum von drei Monaten entsprechend dem vom Bauträger vorgegebenen Formularvertrag band.
Danach konnte der Bauträger das Angebot des Erwerbers innerhalb der Annahmefrist von drei Monaten annehmen, wenn der Erwerber dem Bauträger schriftlich mitteilt, dass die Finanzierung gesichert ist.
Innerhalb der Dreimonatsfrist, nämlich sechs Wochen nach Abgabe des Angebots auf Abschluss eines Bauträgervertrages nahm der Bauträger das Angebot des Erwerbers an.
Der Bauträger erbrachte seine vertraglichen Verpflichtungen, nämlich Eigentumsverschaffung und Erbringung der Bauleistung.
Der Erwerber zahlte die Raten nach Fertigstellungsmitteilung.
Schließlich hatte der BGH über die Wirksamkeit des Bauträgervertrages zu entscheiden. Der BGH verneint die Wirksamkeit des Vertrages. Die regelmäßige Annahmefrist gemäß § 147 Abs. 2 BGB beträgt beim finanzierten Bauträgererwerb vier Wochen, weshalb eine Klausel, die eine Annahmefrist von mehr als sechs Wochen vorsieht, unangemessen ist, wenn nicht ausnahmsweise ein schutzwürdiges Interesse des Bauträgers an der Verlängerung der Annahmefrist vorliegt.
Ein solches schutzwürdiges Interesse ist selbst dann nicht gegeben, wenn der Bauträger erst nach Vorlage der Finanzierungsbestätigung durch den Erwerber annehmen kann.
Die Annahme des Angebots des Erwerbers erfolgte damit verspätet und stellt sich als neues Angebot dar, welches der Erwerber mangels Rechtsbindungswillen nicht, auch nicht konkludent durch Zahlung der Raten angenommen hat.
Dies deshalb nicht, da der Bauträgervertrag zu seiner Wirksamkeit der Beurkundung bedarf.
Die Folgen dieser Entscheidung sind gravierend, gibt sie doch vielen kaufreuigen Erwerbern von Wohnungseigentum, zu denen auch Nachzügler gehören können, eine Möglichkeit des Ausstiegs also der Rückabwicklung des geschlossenen Bauträgervertrages.
Dies deshalb, da Bauträgerverträge in der Vergangenheit vielfach Bindefristen von mehr als vier Wochen enthielten.
Von besonderem Interesse wird die vorzitierte Entscheidung des 5. Senats des BGH durch eine weitere Entscheidung des 3. Senats.
Wer der Entscheidung des 5. Senats folgt und die Rückabwicklung des nichtigen Vertrages verlangt, trägt ein beträchtliches Risiko, wenn der Bauträger in Insolvenz geht.
Aus dieser Misere könnte ihm eine Entscheidung des 3. Senats helfen.
Dieser bejaht nämlich die Notarhaftung im beschriebenen Fall.
Infolge der zu langen Bindungsfrist ist das Angebot des Käufers erloschen, so dass der beurkundende Notar im Rahmen der sog. betreuenden Belehrung verpflichtet ist, den Käufer über die veränderte Sach- und Rechtslage zu informieren, um die weitere Vorgehensweise zu klären.
Geschieht dies nicht, darf der Notar das Rechtsgeschäft nicht beurkunden.
Selbst dann, wenn lediglich Zweifel an der rechtlichen Wirksamkeit einer Vertragsklausel bestehen, darf der Notar das Rechtsgeschäft erst dann beurkunden, wenn die Vertragsparteien auf der Beurkundung bestehen, obwohl der Notar sie über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko belehrt hat.
In dem vom 3. Senat entschiedenen Fall hat der Notar einen von ihm entworfenen Vertrag mit einer zu langen Bindungsfrist beurkundet, worauf er vom Erwerber aus Amtspflichtverletzung auf Rückabwicklung in Anspruch genommen wurde.
Dem Notar wurde vorgeworfen, dass er bei Beurkundung nicht darauf hingewiesen hat, dass das Angebot zum Zeitpunkt der Annahme bereits erloschen war.
Der Erwerber behauptete, dass es nicht zum Vertragsabschluss gekommen wäre, wenn der Notar hierauf hingewiesen hätte.
Die Klage des Erwerbers gegen den Notar hatte Erfolg.
Vertragsreuige Erwerber von Eigentumswohnungen finden infolge der beiden Entscheidungen des BGH bei zu langer Bindungsfrist, ebenso wie bei Fortgeltungsklauseln, eine Möglichkeit der nachträglichen Lösung vom Vertrag.
Ob es sinnvoll war, dass der BGH eine solche nun mögliche Prozesswelle losgetreten hat, ist eine andere Frage (BGH Urteil vom 26.02.2016 - V ZR 208/14 und BGH Urteil vom 21.01.2016-III ZR 159/15).
RA Raber, 10.05.2016