Die Erwerber einer Wohnung im Rahmen eines Bauträgervertrages zahlten die Raten nicht bzw. nicht vollständig.
Im Abnahmetermin erklärten sie die Abnahme unter Vorbehalt zahlreicher Mängel.
Außerdem machten sie Schadensersatz infolge Verzuges geltend.
Die Abzüge, die die Erwerber insgesamt geltend machten, beliefen sich auf ca. 150.000,00 €, weshalb sich der Bauträger weigerte, die Wohnung zu übergeben.
Diese reichten beim Landgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Übergabe der Wohnung ein.
Das Landgericht gab dem Antrag Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von ca. 86.000,00 € statt.
Nachdem die Erwerber diesen Betrag beglichen, verfolgten sie im Wege der Zwangsvollstreckung die Schlüsselübergabe.
Der beklagte Bauträger legte gegen das Urteil Berufung ein, im Wesentlichen ohne Erfolg.
Das Kammergericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Berlin im Wesentlichen.
Insbesondere folgt das Kammergericht nicht der Auffassung des Bauträgers, dass mit der Wohnungsübergabe eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegt, denn das Gebot effektiven Rechtsschutzes geht vor.
Das Rechtsschutzanliegen eines Wohnungskäufers hat Vorrang, wenn und soweit bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt werden kann, dass der in Anspruch genommene Bauträger auch unter Berücksichtigung seiner Einreden die Übergabe der Wohnung zu Unrecht verweigert.
Zu Recht verweist das Kammergericht darauf, dass es für den Erwerber eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt, wenn ihm die bezugsreif hergestellte Wohnungen nicht übergeben wird, obschon er hierauf seine Lebensplanung eingerichtet, insbesondere seine Wohnung bereits gekündigt hat.
Dabei differenziert das Kammergericht.
Soweit sich der Erwerber auf Mängeleinreden beruft, trägt der Bauträger infolge des Mängelvorbehalts bei Abnahme die Beweislast für die Mangelfreiheit.
Diesen Nachweis kann er naturgemäß im einstweiligen Verfügungsverfahren nur schwer führen, so dass ihn eine unverhältnismäßige prozessuale Belastung trifft.
Soweit Mängeleinreden erfolgen, ist der Erwerber daher auf die Sicherheit gem. § 632 a BGB beschränkt.
Nur ausnahmsweise kommt in Betracht, dass der Bauträger zu einer weiteren Sicherheit verpflichtet ist.
Soweit sich der Erwerber allerdings auf Verzug beruft, sind Abzüge für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch zu berücksichtigen, wenn sich die Verzugsschadensersatzansprüche im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zuverlässig klären lassen.
Ergibt sich vor diesem Hintergrund ein Zahlungsanspruch des Bauträgers, so schuldet er Herausgabe der Wohnung Zug um Zug gegen Zahlung des festgestellten Betrages.
Die Entscheidung des Kammergerichts ist zu begrüßen.
Regelmäßig befinden sich Erwerber innerhalb eines Bauträgervertrages in einer schwachen Position.
Mit Mängeleinreden oder mit aufrechenbaren Ansprüchen werden sie nicht gehört.
Die Übergabe der Wohnung wird regelmäßig von der vollständigen Zahlung des vereinbarten Werklohns abhängig gemacht.
Sowohl als Eigennutzer, als auch als zukünftige Vermieter der Wohnung befinden sich die Erwerber in einer Zwangslage gegenüber dem Bauträger.
Anträge auf Erlass einer Herausgabeverfügung werden regelmäßig durch die Landgerichte mit der Begründung abgewiesen, dass die Stattgabe einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich käme.
Aus diesem Grund bleibt ihnen nichts anderes, als auch unberechtigte Ansprüche unter Vorbehalt der Rückforderung auszugleichen, um in den Besitz der Wohnung zu gelangen.
Im nachfolgenden Prozess auf Rückzahlung unterliegen sie dem Insolvenzrisiko des Bauträgers.
Das Landgericht Berlin und, ihm folgend das Kammergericht haben sich um eine ausgewogene Entscheidung bemüht.
Schadensersatzansprüche, deren Berechtigung im einstweiligen Verfügungsverfahren zuverlässig geklärt werden können, können zur Aufrechnung gestellt werden und mindern dementsprechend den Werklohnanspruch des Bauträgers.
Bestimmungen im Bauträgervertrag, wonach dem Erwerber nur die Aufrechnung mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen gestattet ist, sind ohnedies unwirksam (BGH, NJW 2011, 1729).
Danach obliegt es dem Erwerber, Schadensersatzansprüche infolge Verzuges so darzustellen und nachzuweisen, dass sie zuverlässig geklärt werden können.
Obschon das Kammergericht den Erwerber hinsichtlich seiner Mängelrügen auf § 632 a BGB verweist, weil sich die Berechtigung von Mängelrügen im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht zuverlässig klären lässt, lässt das Gericht für die Zukunft einen Ausweg, nämlich ausnahmsweise eine über § 632 a BGB hinausgehende Sicherheit des Bauträgers.
Da der Gesetzgeber mit dem neuen Bauvertragsrecht ab 01.01.2018 den neu zu errichtenden Baukammern an den Landgerichten und Bausenaten an den Oberlandesgerichten durchaus, wenn auch hinsichtlich Nachträgen die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren auferlegt, stellt
sich die Frage, ob das Postulat der Nichtklärbarkeit von Mängeleinreden im einstweiligen Verfügungsverfahren Zukunft hat.
In jedem Fall ist die Entscheidung zu begrüßen, denn sie räumt mit dem Basta-Argument „Vorwegnahme der Hauptsache“ auf.