5. Deutscher Baugerichtstag

Thesen zum Bauträgerrecht

Am 23./24.05.2014 tagte der 5. Deutsche Baugerichtstag in Hamm in den Arbeitskreisen

I-Bauvertragsrecht
II-Vergaberecht
III-Bauprozessrecht
IV-Architekten- und Ingenieurrecht
V-Bauträgerrecht
VI-Sachverständigenrecht
VII-Außergerichtliche Streitbeilegung
VIII-Öffentliches Recht
IX-Bauversicherungsrecht

Der Arbeitskreis V Bauträgerrecht beschäftigte sich mit folgenden Thesen:

1. These 1 Dr. A. Olrik Vogel (München)

Die derzeit bestehende Möglichkeit des Bauträgers, bautenstandsabhängig nach Absicherung der Lastenfreistellung und Vorliegen der öffentlich-rechtlich erforderlichen Genehmigungen den Erwerbspreis entgegenzunehmen, ist jedenfalls beim Verbrauchervertrag durch eine zwingende Regelung dahin einzuschränken, dass dem Erwerber vorher eine „Rückzahlungsbürgschaft“ über den gezahlten Erwerbspreis vorliegen muss.

Der Kodifizierung eines insolvenzbedingten Kündigungsrechts des Erwerbers bedarf es nicht.

2. These 1 Prof. Dr. Jochen Glöckner

Der Gesetzgeber möge die von der Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht des BMJ entwickelte Baubeschreibungspflicht auf Verbraucherträgerverträge erstrecken

3. These 2 Prof. Dr. Jochen Glöckner

Es bedarf einer gesetzlichen Niederlegung und Konkretisierung bestimmter Dokumentationspflichten des Bauträgers bei Verbrauerverträgen.

4. These 2 Dr. A. Olrik Vogel (München)

Es ist in das neue Bauvertragsrecht eine Regelung aufzunehmen, wonach die Abnahmeverpflichtung hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums aus den individuellen Erwerbsverträgen dann fakultativ durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erklärt werden kann, wenn kumulativ die in der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft verbundenen Erwerber die Abnahmeverpflichtung durch bestandskräftigen Beschluss zum Verband ziehen, die Personen des Abnehmenden ohne

Einflussmöglichkeiten des Bauträgers oder mit ihm rechtlich, wirtschaftlich oder persönlich abhängiger Personen selbst bestimmen können und ihnen nicht die Möglichkeit genommen wird, an der Abnahmebegehung persönlich teilzunehmen und selbst die Abnahme zu erklären bzw. zu verweigern.

Machen die werdenden Wohnungseigentümer von dieser Möglichkeit Gebrauch und wird auf dieser Grundlage die Abnahme der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz erklärt, sollte eine gesetzliche Regelung auch vorsehen, dass etwaige Nachzügler gebunden werden können.

Der Arbeitskreis V beschäftigte sich am 23. Und 24.05.2014 mit den vorgenannten Thesen, die teilweise modifiziert mit großer Mehrheit angenommen wurden.

1.

Einzige Sicherung des Käufers im Rahmen eines Bauträgervertrages ist dessen Vormerkung.

Bereits der 3. Deutsche Baugerichtstag hat festgestellt, dass damit eine ausreichende Besicherung des Käufers nicht gegeben ist, da er im Falle der Insolvenz des Bauträgers in eine existenzbedrohende Krise gerät.

Ein Rücktritt kommt regelmäßig nicht in Betracht, da ein hieraus resultierender Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des gezahlten Kaufpreises nicht durch die Vormerkung gesichert wird.

Diese erlischt bei Rücktritt infolge ihrer Akzessorietät.

Dem Erwerber bleibt in der Regel nur, das Bauvorhaben unter Mitwirkung aller Beteiligten und oftmals unter erheblichem Mehraufwand zu Ende zu bauen.

Damit stellt sich die Frage nach einer ausreichenden Sicherheit, die einhellig bejaht wurde.

Die These des Referenten Dr. A. Olrik Vogel, wonach es einer Rückzahlungsbürgschaft über den gezahlten Erwerbspreis bedarf, fand die Zustimmung aller Teilnehmer, verbunden allerdings mit der berechtigten Fragestellung, ob dies in der Praxis tatsächlich möglich ist, da der Bauträger doppelt belastet wird, zum einen durch die Vorfinanzierung des Bauvorhabens, zum anderen durch die Sicherheit, die er für eine solche Bürgschaft stellen müsste.

Die Teilnehmer äußerten die naheliegende Vermutung, dass dies mit dem Ende, insbesondere kleinerer Bauträger verbunden sein würde.

Abgestimmt wurde daher auch über einen alternativen Vorschlag des Bauherren Schutzbundes e.V. über eine Verlagerung der Vorleistungspflicht des Bauträgers zu Gunsten des Käufers, anstelle des Bürgschaftsmodells.

2.

Der Gesetzgeber hat in Umsetzung der Verbraucherrechtsrechtlinie in § 312 b Abs. 2 BGB eine ab 13.06.2014 in Kraft tretende Informationspflicht in sämtlichen Verbraucherbauverträgen aufgenommen.

Nicht Bestandteil der Regelung sind Bauträgerverträge, da die Verbraucherrechtsrichtlinie eine entsprechende Informationspflicht für Bauträgerverträge nicht enthält.

Der Baugerichtstag stimmte mit überwiegender Mehrheit dafür, dass auch im Bauträgervertragsrecht eine entsprechende Informationspflicht besteht, mit der Folge, dass die von der Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht des BMJ entwickelte Baubeschreibungspflicht auch im Bauträgervertrag gilt.

3.

Immer größere Bedeutung im gesamten Baurecht nehmen Dokumentationspflichten ein.

Ein Bauwerk ist ein langlebiges Wirtschaftsgut, das zwangsläufig der Instandhaltung, Modernisierung und Änderung unterliegt, so dass der Auftraggeber die Beschaffenheit der Immobilie kennen muss.

Vereinfacht ausgedrückt:

Man sollte vor dem Ansetzen der Bohrmaschine wissen, wo die Trinkwasserleitung verläuft.

Für den Baugerichtstag stand außer Frage, dass eine Dokumentationspflicht des Bauträgers besteht.

Streitig blieb letztlich der Umfang der Dokumentationspflicht, wobei aus hiesiger Sicht die bautechnische Entwicklung einerseits und die Anforderungen, die zukünftig an das Bauen gestellt werden, andererseits, maßgeblich die Tiefe einer Dokumentationspflicht bestimmen werden, so dass man den Umfang einer Dokumentationspflicht nicht ein- für allemal festlegen kann.

4.

Waren die Thesen 1 bis 3 des Arbeitskreises V stark verbraucherorientiert, so befasst sich die These 4 mit der Lösung eines Bauträgerproblems.

Was ist, wenn die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft zum größten Teil das Gemeinschaftseigentum abnimmt, einzelne Eigentümer jedoch nicht.

Was gilt für die Nachzügler, Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft, die nach Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch Ersterwerber erst nachträglich hinzutreten?

Die Abnahme ist eine Hauptpflicht des Erwerbers, was vielfach auch als sein wesentliches Recht gesehen wird, grundsätzlich selbst die Vertragsgemäßheit der Leistung des Bauträgers zu prüfen.

Dies kann zur Folge haben, dass bei Nichtabnahme Einzelner sich das Bauträgerobjekt noch im Erfüllungsstadium befindet und die Mängelverjährungsfrist mangels Abnahme nicht zu laufen begonnen hat.

Dies mag für die Erwerber erfreulich sein, für den Bauträger hat es katastrophale Folgen, da er weit nach Ablauf von fünf Jahren Gewährleistungszeit noch immer in Anspruch genommen werden kann, ohne bei den für ihn tätigen Firmen Regress nehmen zu können.

Der letztlich abgestimmte Vorschlag stellt eine ausgewogene Lösung zwischen dem Interesse des Bauträgers auf Abnahme der Werkleistung einerseits und den Interessen des Käufers an der Gewährleistung einer vertragsgemäßen Leistung andererseits dar.

Der Arbeitskreis V hat damit in allen vier Thesen erheblich dazu beigetragen, dass dringend notwendige Korrekturen im Bauträgerrecht durch den Gesetzgeber erfolgen.

Ob dies, wie in Österreich im Wege eines Bauträgervertragsgesetzes erfolgt oder durch Verankerung im BGB mag letztlich dahinstehen.

Klar jedenfalls ist, dass es bei der MaBV nicht bleiben kann.

RA Raber, 28.05.2014

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