Wann entsteht der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ?

Auch der Arbeitgeber, der im Zusammenhang mit einer verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitnehmers auf all zu alte Abmahnungen verweist, kann schlecht beraten sein.

Damit stellt sich regelmäßig die Frage, wann eine ehemals berechtigte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen ist.

Eine Abmahnung hat zwei Funktionen, nämlich die Rüge- und Dokumentationsfunktion einerseits und die Warnfunktion andererseits.

Zum einen weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf eine Verletzung vertraglicher Pflichten hin und dokumentiert diesen Hinweis, zum anderen warnt er den Arbeitnehmer vor individual-rechtlichen Konsequenzen im Falle einer erneuten Pflichtverletzung.

Dem Arbeitnehmer darf ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte folglich nur dann erwachsen, wenn beide Funktionen entfallen sind.

Der Arbeitgeber muss zum einen kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben und zum anderen muss die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren haben.

Damit kommt es darauf an, ob eine Interessensabwägung im Einzelfall ergibt, dass eine weitere Aufbewahrung zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen könnte, obwohl der beurkundete Vorgang für das Arbeitsverhältnis rechtlich bedeutungslos geworden ist.

Maßgeblich ist damit zum einen der Faktor Zeit, zum anderen wie schwer der Pflichtverstoß wiegt.

Eine schematische Fristenregelung gibt es nicht.

Das BAG betont im Gegenteil, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte dann gerechtfertigt ist, wenn diese für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann.

Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein.

Das ist etwa dann nicht der Fall, solange die Abmahnung für eine zukünftige Entscheidung und eine Versetzung oder Beförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitnehmers oder für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis erforderlich sein kann.

Damit eröffnet das BAG eine große Bandbreite möglicher Einwände gegen den Entfernungsanspruch.

RA Raber, 26.02.2013

BAG Urteil vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11

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