Überstunden-Wer trägt die Beweislast

Es mag viele Gründe haben, weshalb Arbeitnehmer erst mit dem Ende eines Arbeitsverhältnisses auf den Gedanken kommen Überstunden für die Vergangenheit geltend zu machen. Erleichtert wird ihr Begehren hierdurch jedenfalls nicht. Ist es dem Arbeitnehmer gelungen über eine möglicherweise intransparente und damit unwirksame Abgeltungsklausel im Arbeitsvertrag hinwegzukommen und hat er seine Ansprüche auch rechtzeitig innerhalb der im Arbeitsvertrag regelmäßig verankerten Ausschlussklausel geltend gemacht, so steht ihm der eigentliche Marathon erst bevor.
Der Arbeitnehmer hat zu beweisen, dass die von ihm geltend gemachten Überstunden tatsächlich angefallen sind und der Arbeitgeber sie entweder angeordnet hat oder die Erbringung der Überstunden aus betrieblichen Gründen notwendig war.
Je größer der Zeitraum ist, für den der Arbeitnehmer Überstunden geltend macht, desto schwieriger werden ihm die Darlegung und vor allem der Nachweis fallen.
Das BAG hat über geltend gemachte Überstundenansprüche eines Kraftfahrers entschieden, der auf Anweisung des Arbeitgebers Touren zu bestimmten Zielorten durchführte.
Weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bestimmte Touren zu, so genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er vorträgt, an welchen Tagen, er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat.
Es ist dann Sache des Arbeitgebers unter Auswertung der gesetzlichen Arbeitszeitaufzeichnungen darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer im geringeren zeitlichen Umfang als behauptet gearbeitet haben muss. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht pauschal darauf berufen, dass er keine Überstunden angeordnet hat.
Wenn der Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren diese Überstunden, unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung betriebsnotwendig.
Etwas anderes mag lediglich dann gelten, wenn die Fahrtzeit wesentlich die Zeit überschreitet, die normalerweise für die Fahrstrecke benötigt worden wäre.
Bleibt die Entscheidung des BAG noch etwas schwammig, so könnte sich zumindest branchenspezifisch, wenn nicht eine Beweislastumkehr so doch eine abgestufte Beweislast abzeichnen. (BAG Urteil vom 16.05.2012, 5 AZR 347/11)
RA Raber, 27.08.2012

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