Schwarzgeld am Bau- Offene Fragen

Ex iniuria ius non oritur- Aus Unrecht entsteht kein Recht und man mag hinzufügen „ein faules Ei verdirbt den ganzen Brei“. Doch welche Folgen hat dies?

Der Bundesgerichtshof hat, begonnen mit seiner Entscheidung vom 31.05.1990 und zuletzt mit seiner Entscheidung vom 11.06.2015 eine Kehrtwende eingeleitet, die auf den ersten Blick Klarheit darüber schafft, wie mit den Folgen von Schwarzgeldabreden umzugehen ist.

Bei näherer Betrachtung bleiben allerdings zahlreiche Fragen offen, die die Instanzgerichte in den nächsten Jahren beschäftigen werden.

Der Gesetzgeber hat unter § 1 Abs. 2 SchwarzArbG definiert, was unter Schwarzarbeit zu verstehen ist, nämlich die Abwicklung des Vertragsvorgangs am Fiskus vorbei, regelmäßig mit dem Ergebnis eines Preisvorteils zugunsten des Bestellers in Folge der hinterzogenen Steuer.

Hinzukommen die Steuerhinterziehungs- bzw. ohne Rechnung-Abreden, die in erster Linie den Unternehmer begünstigen.

1)
Noch am 31.05.1990 vertrat der BGH die Auffassung, dass sich aus den Gesetzesmaterialien eine wirtschaftliche Unterlegenheit des Werkunternehmers gegenüber dem Besteller ergeben würde.

Der BGH kam daher zu dem Ergebnis, dass dem Unternehmer zwar kein werkvertraglicher Anspruch zusteht, allerdings ein bereicherungsrechtlicher Anspruch, dem § 817 S. 2 BGB nicht entgegensteht (BGH Urteil vom 31.05.1990- VII ZR 336/89).

2)
Zu einer ersten Kehrtwende kam es in der sogenannten „ohne Rechnung-Abrede“ –Entscheidung im Jahre 2008.

Nunmehr kam der BGH zu dem völlig entgegengesetzten Ergebnis, dass der Unternehmer, nämlich keineswegs wirtschaftlich unterlegen sei, sondern im Gegenteil dem Besteller gegenüber überlegen sei.

Aus diesem Grunde stünden dem Besteller auch die Gewährleistungsansprüche trotz des Schwarzgeldcharakters zu.

Der BGH leitete dies aus Treu und Glauben ab.

Zum Werklohnanspruch des Unternehmers meinte der BGH, dass die „ohne Rechnung-Abrede“ zwar dazu diente, die Abführung der Umsatzsteuer zu vermeiden und damit nichtig ist (§ 134 BGB).

Allerdings versuchte der BGH, den Vertrag gleichwohl zu retten, indem er ausführte, dass die Steuerhinterziehung nicht Hauptzweck des Vertrages war, der Vertrag folglich im Übrigen rechtswirksam blieb, wenn die Parteien den Werkvertrag auch ohne die steuerrechtswidrige Abrede zu denselben Konditionen schließen wollten (BGH Urteil vom 24.04.2008- VII ZR 42/07 und VII ZR 140/07).

Einziger Zweck dieser Kunstgriffe war es, dem Besteller die Gewährleistungsansprüche zu retten.

Bei konsequenter Anwendung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes war diese Rechtsprechung nicht auf Dauer zu halten.

3)
Der BGH änderte daher seine Rechtsprechung mit der Neufassung des SchwarzArbG in seiner Entscheidung vom 01.08.2013.

Darin gab der BGH seinen Versuch auf, die faulen Eier von den nicht verdorbenen Eiern zu trennen und aus dem Brei wieder heraus zu löffeln.

Die Schwarzgeldabrede führt nicht mehr lediglich zu einer isolierten Nichtigkeit eines abgrenzbaren Teils des Rechtsgeschäfts, sondern das Rechtsgeschäft ist wegen des Verstoßes gegen das SchwarzArbG insgesamt nichtig.

Der BGH hat damit seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2008 ausdrücklich aufgegeben (BGH Urteil vom 01.08.2013 VII ZR 6/13).

Bei dieser geänderten Rechtsprechung blieb der BGH auch in der Folgezeit.

4)
Auch am 10.04.2014 entschied das Gericht, dass dem Unternehmer keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche zustehen, wenn er eine Schwarzgeldabrede getroffen hat.

Ebensowenig stehen ihm in diesem Fall Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu.

Dies bedeutet:

Keine Ansprüche des Unternehmers, weder aus Vertrag, da nichtig, noch aus Bereicherungsrecht oder Geschäftsführung ohne Auftrag.

Es bedeutet weiter, dass der Besteller keine Gewährleistungsansprüche hat.

5)
Im Juni 2015 hatte der BGH über die Frage zu entscheiden, ob dem Besteller, der bereits Werklohn im Rahmen eines Schwarzgeldgeschäftes gezahlt hatte, ein Rückzahlungsanspruch gegen den Unternehmer zusteht.

Der BGH verneinte dies.

Der Besteller hatte rechtsgrundlos Zahlungen erbracht, ein Rückzahlungsanspruch steht ihm nicht zu, denn dem Besteller war bekannt, dass der Vertrag nichtig ist (§ 817 S. 2 BGB).

Damit hat der BGH konsequent aufgeräumt.

Wer Schwarzgeldabreden trifft, riskiert als Unternehmer, dass er nichts bekommt, als Besteller, dass ihm keinerlei Gewährleistungsrechte zustehen.

Der Besteller verliert überdies seinen Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des gezahlten Werklohns.

Der BGH hat damit dem gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck verholfen, nämlich einer Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit.

6)
Was auf den ersten Blick keine Fragen mehr offen lässt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Tor zu neuen großen Problemen.

In der bauvertraglichen Praxis ist es selten, dass ein komplettes Bauvorhaben einer Schwarzgeldabrede unterliegt.

Meist beschränkt sich die Schwarzgeldabrede auf bestimmte einzelne Bauleistungen.

a)
Was ist beispielsweise, wenn der ursprüngliche Bauvertrag ohne Schwarzgeldabrede getroffen wurde, die Abrechnung eines Nachtrages, sei es wegen Änderungen oder Mehrmengen schwarz abgerechnet werden sollte?

Hat dies zur Folge, dass der gesamte Bauvertrag nichtig ist oder beschränkt sich die Nichtigkeit nur auf den Nachtrag?

Es gibt bisher keine Antwort des BGH.

Man könnte darauf abstellen, ob es sich um eine trennbare Leistung handelt, sodass sich die neue Rechtsprechung nur auf den abtrennbaren Nachtrag bezieht.

Dies geht allerdings meist an der bautechnischen Realität vorbei, insbesondere dann, wenn sich die schwarz vereinbarte Teilleistung nicht von den übrigen Leistungen trennen lässt.

Was ist rein praktisch mit den Gewährleistungsansprüchen im Schnittstellenbereich zu den Bauleistungen, die schwarz erbracht wurden.

Soll die Teilnichtigkeit des Rechtsgeschäfts tatsächlich zur Gesamtnichtigkeit führen mit der Folge, dass selbst die kleinste mit Schwarzgeldabrede getroffene Teilleistung zur Gesamtnichtigkeit führt?

Kann es sein, dass die schwarz durchgeführten Malerarbeiten mit einem Preisumfang von 2.000,00 € zur Gesamtnichtigkeit des Bauwerkvertrages über 250.000,00 € führen?

Kann es wirklich sein, dass der Unternehmer wegen einer Kleinigkeit, die er schwarz abrechnet, seinen kompletten Werklohnanspruch bezogen auf das Bauvorhaben verliert und der Besteller seinen kompletten Gewährleistungsanspruch?

b)
Mindestens ebenso gravierend sind die Folgen der Rechtsprechung des BGH für den Bauträgervertrag.

Der Bauträgervertrag leidet bekanntlich an einer strukturellen Schwäche zu Lasten des Käufers.

Er erwirbt Eigentum erst mit Zahlung der letzten Rate.

Vorher ist er lediglich Auflassungsvormerkungsberechtigter und dem Insolvenzrisiko des Bauträgers voll ausgesetzt.

Liegt eine Schwarzgeldabrede im Bauträgervertrag vor, die zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt, so ist bereits die Eintragung der Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Käufers zu Unrecht erfolgt, sodass dem Bauträger im Streitfall ein Grundbuchberichtigungsanspruch zusteht.

Der Bauträger erhielte überdies eine Machtstellung, die mit der konsequenten Rechtsprechung des BGH sicherlich nicht beabsichtigt war.

Der Käufer hätte nämlich trotz Zahlung der Rate keinen Anspruch als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen zu werden, denn der Bauträgervertrag ist nichtig.

Zugleich hätte er keinen Rückzahlungsanspruch gegen den Bauträger, weil er die Raten rechtsgrundlos gezahlt hat (§ 817 S. 2 BGB).

Dem Bauträger hingegen könnte niemand seinen Herausgabeanspruch gegenüber dem Käufer versagen, denn der Bauträgervertrag mit dem darin enthaltenen Besitzverschaffungsanspruch ist eindeutig nichtig.

c)
Fragen anderer, jedoch nicht minder relevanter Art stellen sich bei Schwarzgeldabreden beim Architektenvertrag.

Der Klassiker:

Vereinbarung der LP 1 bis 5, dazu Bauüberwachung (LP 8), letztere ohne Rechnung.

Zunächst liegt es nahe anzunehmen, dass Trennbarkeit vorliegt, wenn einzelne Leistungsphasen in Folge Schwarzgeldabrede § 134 BGB unterfallen.

Allerdings wird dabei vergessen, dass die einzelne Leistungsphasen des Architektenvertrages aufeinander aufbauen und so beispielsweise eine Mitwirkung der Vergabe (LP 6) nur schwer ohne vorangegangene Ausführungsplanung (LP 5) denkbar ist.

Wie soll dann ein Fehler in der LP 5, für die es in Folge Schwarzgeldabrede und Nichtigkeit keine Gewährleistungsansprüche gibt, Gewährleistungsansprüche in der LP 6 begründen?

Was ist mit der Haftung von Unternehmer einerseits und Architekt andererseits, wenn es sich um einen Ausführungsmangel handelt und der Architekt mit der Bauüberwachung schwarz beauftragt war.

Anders als planerisches Verschulden muss sich der Bauherr das Verschulden seines Architekten im Rahmen der Objektüberwachung nicht als eigenes Verschulden zurechnen lassen.

Die Haftung des Ausführenden mindert sich also nicht um den Verschuldensanteil des Bauherrn.

Allerdings haften in diesem Fall Ausführender und Architekt als Gesamtschuldner, sodass der in Anspruch genommene Ausführende beim Architekten Regress aus dem Gesamtschuldnerinnenausgleich nehmen kann.

Was aber gilt, wenn der Architekt die Bauüberwachung schwarz erbracht hat?

Verkürzt sich in diesem Fall die Haftung des Ausführenden gegenüber dem Bauherrn im Außenverhältnis um den fiktiven Anteil des Gesamtschuldnerinnenausgleichs?

Fragen über Fragen.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

RA Raber, 09.11.2015

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