Sachgrundlose Befristung – keine Einschränkung der „Zuvorbeschäftigung“

 

Sachverhalt

 

§ 14 II 2 TzBfG verbietet die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages, wenn bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber bestanden hat.

 

In dieser Einschränkungslosigkeit bedeutet die Regelung, dass jede Zuvorbeschäftigung, egal wann und in welchem Umfang sie erfolgte, zwangsläufig zur Unwirksamkeit der sachgrundlosen Befristung führt und damit sowohl von Arbeitgebern, als auch Arbeitnehmern als Hindernis empfunden wird.

 

Die Regelung beeinträchtigt nämlich nicht nur den Arbeitgeber bei der sachgrundlosen Befristung, sondern auch den Arbeitnehmer in seiner Berufswahlfreiheit, denn Bewerber die bereits vorbeschäftigt waren, haben keine Chance auf Abschluss eines sachgrundlosen Arbeitsvertrages.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat dies erkannt und legt § 14 II 2 TzBfG verfassungskonform dahingehend aus, dass dieselben Arbeitsvertragsparteien nach einer Unterbrechung von drei Jahren erneut einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag schließen dürfen (BAG Urteil vom 04.06.2011 - NZA 2011, 905).

 

Entscheidung

 

Über diese Auslegung des § 14 II 2 TzBfG hatte nunmehr das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden, nachdem zum einen das Arbeitsgericht Braunschweig eine entsprechende Vorlage machte und überdies eine, die Frage aufgreifende Verfassungsbeschwerde vorlag.

 

Das Bundesverfassungsgericht bejaht die mit der Regelung verbundene Beeinträchtigung, insbesondere der grundrechtlich geschützten Freiheit des Arbeitnehmers auf Berufswahl.

 

Es sieht jedoch diese Beeinträchtigung als gerechtfertigt an, um die Gefahr einer Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit des Beschäftigten auszuschließen.

 

Der Gesetzgeber hat eine Karenzregelung, wie sie das BAG in vermeintlich verfassungskonformer Auslegung festgestellt hat, nicht geregelt und damit nicht gewollt.

 

Ausdrücklich schreibt das Bundesverfassungsgericht dem BAG ins Stammbuch, dass dieses die gesetzgeberische Grundentscheidung durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzt und damit die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschritten hat.

 

Kommentiert

 

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat sehr viel Kritik gefunden.

 

Es ist allgemeine Auffassung, dass das einschränkungslose Vorbeschäftigungsverbot bei der sachgrundlosen Befristung zu weit geht und weder Arbeitgebern noch Arbeitnehmern dient.

 

Die Rechtsprechung des BAG, wonach Beschäftigungsverhältnisse, die mehr als drei Jahre zurückliegen, unberücksichtigt bleiben, wurde daher allgemein begrüßt.

 

Umso weniger stößt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf Verständnis.

 

Dies gilt insbesondere auch für die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts, dass die Gefahr von Kettenbefristungen bestünde, was bei einem auf drei Jahre eingeschränkten Vorbeschäftigungsverbot völlig unmöglich ist.

 

So sehr die Kritik an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere aus pragmatischen Gründen berechtigt sein mag, trifft die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sowohl im Speziellen, als auch im Allgemeinen den Nagel auf den Kopf.

 

Die Entscheidung ist nämlich letztlich als Aufruf an den Gesetzgeber zu verstehen, die sachgrundlose Befristung neu zu ordnen.

 

Es kann nicht Aufgabe des BAG sein, contra legem pragmatische Lösungen im Wege der Rechtsfortbildung zu schaffen, die zu schaffen Aufgabe des Gesetzgebers ist.

 

Der Hinweis, wonach die immer schlechter werdende Qualität der Normsetzung, Reparaturarbeiten durch die Rechtsprechung notwendig mache, hilft dabei nicht weiter.

 

Die Unfähigkeit des Gesetzgebers darf nicht zur Aufgabe der Gewaltenteilung führen.

 

 

RA Raber, 10.07.2018

BVerfG Beschluss vom 06.06.2018 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben