Ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung

Nicht selten scheitern arbeitgeberseitige Kündigungen an der wirksamen Beteiligung des Betriebsrats.

 

Der Fall, dass der Betriebsrat vor Ausspruch einer Kündigung, gleich welcher Art, überhaupt nicht beteiligt wird, ist selten.

 

Das Problem liegt nicht in der Beteiligung als solches, sondern der ordnungsgemäßen Beteiligung.

 

Nicht selten erfolgt die Anhörung durch seit Jahren unveränderte vorformulierte Schreiben, wobei auf den Inhalt insbesondere dann nicht geachtet wird, wenn der Betriebsrat zuvor bereits seine Zustimmung zur Kündigung signalisiert hat.

 

Da die Wirksamkeit der Kündigung von der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG abhängt, ist folgendes zu beachten:

 

1. Umfang der Unterrichtungspflicht

 

Folgende Angaben müssen gemacht werden:

 

- die Person des Arbeitnehmers, dessen Kündigung beabsichtigt ist, also Name, Beschäftigungsort, Arbeitsplatz, Vergütung, Alter, Familienstand, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung oder Gleichstellung, gegebenenfalls Sonderkündigungsschutz nach SGB IX, Mutterschutzgesetz, BEEG etc.

 

- die Art der vorgesehenen Kündigung (ordentlich/außerordentlich oder bei ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern, außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist

 

- die Kündigungsfrist oder soziale Auslauffrist

 

- der Termin, zu dem gekündigt werden soll

 

- die Gründe für die Kündigung

 

Besonderes Augenmerk ist auf die Gründe für die Kündigung zu legen.

 

Die Begründung muss so umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigung überprüfen kann.

 

Der Arbeitgeber muss die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben.

 

Dabei darf er ihm bekannte Umstände, die sich bei objektiver Betrachtung zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken können, dem Betriebsrat nicht vorenthalten.

 

Nach einer aktuellen Entscheidung des BAG darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat keine objektiv unzutreffenden Tatsachen zu Ungunsten des Arbeitnehmers mitteilen, wenn er es für möglich hält, dass diese nicht der Wahrheit entsprechen (BAG NZA 2016, 99).

 

Er nimmt damit nämlich bewusst in Kauf, dass beim Betriebsrat eine unzutreffende Vorstellung vom Sachverhalt entsteht.

 

2. Nachschieben von Kündigungsgründen

 

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat vortragen, was ihm bekannt ist.

 

Kündigungsgründe, die im Rahmen der Betriebsratsanhörung bereits bekannt waren, können im späteren Kündigungsschutzprozess nicht nachgeschoben werden.

 

Ausnahmsweise ist dies nur dann möglich, wenn die Kündigungsgründe bei Ausspruch der Kündigung zwar objektiv vorlagen, dem Arbeitgeber jedoch erst nachträglich bekannt geworden sind.

 

3. Abschließende Stellungnahme des Betriebsrats

 

Es kommt nicht selten vor, dass der Arbeitgeber infolge bevorstehenden Monats- oder Quartalsende die Kündigung aussprechen möchte, obschon die Frist, innerhalb der sich der Betriebsrat äußern kann, noch nicht abgelaufen ist.

 

Naturgemäß kann der Betriebsrat die Wochenfrist bzw. die Dreitagesfrist von sich aus verkürzen, indem er vor Fristablauf abschließend Stellung nimmt.

 

Dies ist aber nur dann der Fall, wenn entweder der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zustimmt oder wenn der Betriebsrat erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen.

 

Im Zweifelsfall ist nicht von einer abschließenden Stellungnahme auszugehen, erst recht dann nicht, wenn der Betriebsrat nur mitgeteilt hat, dass er die Anhörung zur Kenntnis genommen hat.

 

Soweit der Arbeitgeber oder Betriebsrat Formulare verwendet, empfiehlt sich folgender Wortlaut:

 

o   der Betriebsrat stimmt der ordentlichen/außerordentlichen Kündigung zu
o   der Betriebsrat hat Bedenken gegen die ordentliche/außerordentliche Kündigung
o   der Betriebsrat widerspricht der ordentlichen/außerordentlichen Kündigung aus nachfolgenden Gründen….
o   der Betriebsrat äußert sich zu der ordentlichen/außerordentlichen Kündigung nicht

 

Abschließende Stellungnahme :

o   dies ist eine abschließende Stellungnahme
o   dies ist keine abschließende Stellungnahme

 

Im Zweifelsfall sollte der Arbeitgeber besser die Wochen-/Dreitagesfrist abwarten und die Kündigung erst nach deren Ablauf zustellen.

 

RA Raber, 10.04.2017

 

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