Kündigung eines Schwerbehinderten durch den Betriebserwerber

Ist der Arbeitnehmer überdies schwerbehindert, so gesellen sich die Schwierigkeiten des Zustimmungsverfahrens beim Integrationsamt hinzu. 
Verfügt der Betrieb über einen Betriebsrat und geht es möglicherweise um eine außerordentliche Kündigung, sodass die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB zu beachten ist, so wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem behinderten Menschen zum wahren Kunststück.
 
Das BAG hat im Falle des Betriebsübergangs noch eine Schippe drauf gelegt.
 
Im vorliegenden Fall hatte der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin einen Interessenausgleich mit Namensliste gem. § 125 Abs. 1 InsO vereinbart und anschließend hinsichtlich des Klägers die Zustimmung des Integrationsamtes zur bevorstehenden ordentlichen Kündigung eingeholt.
 
Nur wenige Tage nachdem das Integrationsamt seine Zustimmung gem. § 89 Abs. 3 SGB IX erteilt hatte, ging der Betrieb auf den Beklagten über.

Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis.

 
Das BAG entschied, dass die Kündigung nach § 85 SGB IX in Verbindung mit § 134 BGB rechtsunwirksam ist.
 
Zwar hatte der Insolvenzverwalter als damaliger Arbeitgeber den Antrag auf Zustimmung gestellt, dem das Integrationsamt auch stattgab, jedoch stellte die dem Insolvenzverwalter erteilte Zustimmung keine der Beklagten erteilte Zustimmung dar.
 
Damit fehlte es der Beklagten an der nach § 85 SGB IX erforderlichen Zustimmung.

Die Beklagte hätte mithin nach Betriebsübergang die Zustimmung noch einmal einholen müssen.

 
Als verhängnisvoll wirkte sich für die Beklagte aus, dass die Zustimmung des Integrationsamts vor dem Betriebsübergang nicht vorlag, sondern erst danach erteilt wurde.
 
Die Zustimmung ging damit ins Leere, weil sie gegenüber dem Betriebsübergeber, nicht den Betriebsübernehmer erteilt worden war.
 
Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Falle des Betriebsübergangs ein erneuter Antrag des Betriebsübernehmers zu stellen ist, wenn bis zum Betriebsübergang noch nicht die Zustimmung des Integrationsamts vorlag.

RA Raber, 15.07.2013

(BAG Urteil vom 15.11.2012 – VIII AZR 827/11; Vorinstanz LAG Hamm)
 
 

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben