Geschäftsführer = Arbeitnehmer ?!

Der EuGH hat am 09.07.2015 wieder einmal für Unruhe gesorgt.

Nach seinen Urteilen in Sachen Junk im Jahre 2005 und Danosa im Jahre 2011 stellte der EuGH klar, dass der Fremdgeschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer im unionsrechtlichen Sinne anzusehen ist.

Die Entscheidung erhielt nicht nur in der Fachpresse ein beträchtliches Echo, stellt sie doch die Rechtstellung des Fremdgeschäftsführers nach deutschem Recht zumindest zum Teil auf den Kopf.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Entscheidung des EuGH nicht dazu führt, dass ein GmbH-Geschäftsführer nunmehr Kündigungsschutz genießt.

Es bleibt folglich weiterhin dabei, dass er hinsichtlich seiner Organstellung abberufen und hinsichtlich des Dienstvertrages gekündigt wird, ohne Kündigungsschutz für sich in Anspruch nehmen zu können.

Dies deshalb, weil sich die Definition des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes durch den EuGH in den engen Grenzen der Richtlinien bewegt, die den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff voraussetzen, also nicht den Einzelstaaten überlassen ist.

Der vom EuGH aktuell entschiedene Fall betraf einen Fremdgeschäftsführer, der sich nach einer Betriebsschließung gegen die auch ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung mit der Begründung wehrte, der Arbeitgeber habe versäumt, ihn bei der vorliegend notwendigen Massenentlassungsanzeige gem. § 17 Abs. 5 KSchG zu berücksichtigen.

Den §§ 17 ff. KSchG wohnt die Besonderheit inne, dass sie auf unionsrechtlichen Vorgaben beruhen, nämlich der Richtlinie 98/59/EG vom 20.07.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Massenentlassungen.

Nur aus diesem Grund bot sich für den EuGH die Möglichkeit, abweichend von der deutschen Rechtsprechung den Fremdgeschäftsführer einer GmbH unter den Arbeitnehmerbegriff zu subsumieren, weil er jederzeit abberufen werden kann und in einem Unterordnungsverhältnis zur Gesellschafterversammlung steht, die ihm jederzeit Weisungen erteilen kann.

Die wiederholt erfolgte Definition des Arbeitnehmerbegriffs und die Einbeziehung des Fremdgeschäftsführers in den Kreis der Arbeitnehmer durch den EuGH lässt sich also auf jene Rechtsgebiete des deutschen Arbeitsrecht beschränken, die auf unionsrechtlichen Vorgaben beruhen.

Damit verliert die Entscheidung kurzfristig gesehen beträchtlich an Bedeutung.

Allerdings zeigt die Entscheidung, dass zukünftig erhöhter juristischer Prüfungsaufwand erforderlich ist, bevor sich die Gesellschaft von ihrem Fremdgeschäftsführer trennt.

Zunehmend wird zu prüfen sein, ob Gründe bestehen, die zur Annahme des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs führen, etwa weil durch die Entlassung des Geschäftsführers deutsche Normen des Arbeitsrechts berührt sind, die auf eine EU-Richtlinie zurückgehen.

RA Raber, 24.08.2015
EuGH, Urteil vom 09.07.2015 – C-229/14 –
(Balkaya/Kiesel Abbruch- und Recycling Technik).

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