Rücktritt vom Kaufvertrag wegen manipulierender Software


LG Wuppertal Urteil vom 26.04.2017- 3 O 156/16

Sachverhalt

Der Kläger hatte im April 2014 ein Fahrzeug der Marke VW Tiguan „CUP“ 4 Motion 2,0 l TDI erworben.

Nach Abschluss des Kaufvertrages wurde bekannt, dass eine Software eingespeist wurde, die dazu führte, dass eine Abgasrückführung aktiviert wird, sobald der Wagen auf dem Rollenstand unter Laborbedingungen auf die Stickoxidwerte geprüft wird, wohingegen während des Normalbetriebs im Straßenverkehr die Software abschaltet und es nicht mehr zur Abgasrückführung kommt.

 

Am 14.10.2015 wurde VW vom Kraftfahrtbundesamt verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen und den Nachweis zu führen, dass im Normalbetrieb die Anforderungen der Richtlinie 2007/46/EG erfüllt werden.

 

Zu diesem Zweck entwickelte VW ein Software-Update, wodurch der Wagen durchgängig in dem Modus im normalen Straßenverkehr betrieben wird, wie er auf dem Rollenstand unter Laborbedingungen festgestellt wurde.

 

Am 01.06.2016 erklärte daher das Kraftfahrtbundesamt, dass der Nachweis geführt sei.

 

Kurz zuvor nämlich im April 2016 erklärte der Kläger seinen Rücktritt vom Vertrag.

 

Er begehrt Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges.

 

Entschieden

 

Das Landgericht Wuppertal gab dem Kläger Recht.

 

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKWs.

 

Das Landgericht stellt fest, dass das Fahrzeug bei Übergabe an den Kläger mangelhaft war, weil es zu einer unzulässigen Abänderung der Abgaswerte durch die eingesetzte Software kommt.

 

Maßgeblich für die Einhaltung der vorgeschriebenen Abgaswerte ist, dass auf dem Prüfstand Abgaswerte ausgegeben werden, die mit den tatsächlichen Werten im Straßenbetrieb in Relation gesetzt werden können.

 

Aufgrund der Software wird aber gerade diese Vergleichbarkeit beseitigt, sodass die unzutreffende Darstellung der Abgaswerte im Prüfbereich eine negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der zu erwartenden Soll-Beschaffenheit bedingt.

 

Hieran hat sich auch durch das Software-Update nichts geändert, da dies nichts daran ändere, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft gewesen sei.

 

Schließlich sei der Mangel auch nicht unerheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 BGB, da eine vorzunehmende umfassende Interessenabwägung ergebe, dass VW arglistig gehandelt habe und daher nicht schutzbedürftig sei.

 

Kommentiert

 

Mit der Entscheidung des Landgerichts Wuppertal liegt nunmehr nach dem Entscheidungen der Landgerichte Arnsberg und Bayreuth (LG Arnsberg NJW RR 2017, 945; Landgericht Bayreuth Urteil vom 12.05.2017-23 O 34/16) eine weitere Entscheidung zur Frage des Rücktritts beim Kauf von Fahrzeugen mit Manipulationssoftware vor.

 

Bedeutsam sind diese Entscheidungen nicht nur für den konkreten Einzelfall, sondern für die Frage, welchen Weg die Rechtsprechung in dieser heiklen Angelegenheit zukünftig nehmen wird.

 

Dabei besteht vorliegend kein Zweifel, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang mangelhaft war.

 

Sehr dünn ist allerdings die Entscheidung des Landgerichts zur Frage der Nacherfüllung durch ein Software-Update, das in der Lage gewesen ist, den Mangel nachhaltig zu beseitigen.

 

Hier hat sich das Landgericht offensichtlich sehr früh in seiner Entscheidung für den Käufer festgelegt und war der Möglichkeit, den mangelfreien Zustand durch Nacherfüllung im Wege eines Software-Updates herzustellen, nicht mehr aufgeschlossen, obschon der Hersteller nach der Erklärung des Kraftfahrtbundesamtes damit den geforderten Nachweis erbracht hatte.

 

Die Entscheidung zeigt, dass die sehr emotional geführte Debatte auch vor Gerichten nicht Halt macht, was für den Automobil-Standort Deutschland nicht von Vorteil sein kann.

 

RA Raber, 17.08.2017

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