Preis einziges Zuschlagskriterium: Keine Wertung von Nebenangeboten?

Es bleibt spannend!
Können Nebenangebote gewertet werden, wenn der Preis einziges Zuschlagskriterium ist?

Das Thüringer Oberlandesgericht hat nunmehr diese Rechtsfrage dem BGH zur Beantwortung vorgelegt.

Gegenstand des Vergabenachprüfungsverfahrens war ein europaweiteres offenes Verfahren, in dem alleiniges Zuschlagskriterium der Preis war und Nebenangebote zugelassen waren.

Die Antragstellerin gab ein Hauptangebot mit dem niedrigsten Preis ab und erhielt gleichwohl nicht den Zuschlag, der der Beigeladenen zuteil wurde, die ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorgelegt hatte.

Die Antragstellerin steht auf dem Standpunkt, dass Nebenangebote unzulässig seien, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist.

Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag statt, die Beigeladene legte hiergegen sofortige Beschwerde zum Thüringer Oberlandesgericht ein.

Das Thüringer Oberlandesgericht folgt der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf, wonach in diesem Fall Nebenangebote nicht gewertet werden können.

Grund ist die europäische Richtlinie 2004/18/EG, die entweder das Kriterium wirtschaftlich günstigstes Angebot oder das Kriterium niedrigster Preis vorsieht.

Nebenangebote sind darin nur bei Aufträgen zugelassen, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden.

Dies macht auch Sinn.

Wenn alleine auf den Preis abgestellt wird, können nur inhaltsgleiche Angebote einbezogen werden. Würden gleichwohl Nebenangebote zugelassen werden, so würde das Vergabeverfahren in den Stand vor Angebotswertung zurückversetzt werden.

Das OLG Schleswig hatte dies in seiner Entscheidung vom 15.04.2011 gänzlich anders gesehen. Zwar kam es in dieser Entscheidung nicht auf die Frage der Zulässigkeit von Nebenangeboten an, jedoch hob das OLG Schleswig hervor, dass Nebenangebote auch dann zu werten sind, wenn der Auftraggeber den günstigsten Preis als einziges Wertungskriterium vorgegeben hat.

Nach der Meinung des OLG Schleswig sei nämlich die Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG gar nicht anwendbar, weil sie in nationales Recht umgesetzt sei.

Außerdem findet bereits im Rahmen der, der Zuschlagsentscheidung weit vorgelagerten Wertungsstufe eine Gleichwertigkeitsprüfung statt, sodass keineswegs das Verfahren in den Stand vor der Angebotswertung zurückversetzt werde.
In Folge der unterschiedlichen Rechtsprechung der Obergerichte hat das Thüringer Oberlandesgericht die Frage zur Entscheidung dem BGH vorgelegt.

Man darf davon ausgehen, dass der BGH wiederum die Frage der Wertbarkeit von Nebenangeboten dem EuGH vorlegen wird.

(OLG Jena Beschluss vom 16.09.2013- 9 Verg 3/13, OLG Schleswig Urteil vom 15.04.2011 – 1 Verg 10/10)

RA Raber, 11.11.2013

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