Grundsteuer verfassungswidrig!

 

 

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.04.2018 festgestellt, dass die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den alten Bundesländern seit 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sind.

 

Die Bemessung der Grundsteuer erfolgt auf der Grundlage der Einheitswerte für Grundbesitz, die nach dem Bewertungsgesetz ermittelt werden.

 

Dabei werden bis zum heutigen Tage in den alten Bundesländern die Wertverhältnisse zum 01.01.1964 zugrunde gelegt (neue Bundesländer sogar 01.01.1935).

 

Es kann also nicht von einer in regelmäßigen Zeitabständen erfolgenden Wertfeststellung (Hauptfeststellung) die Rede sein.

 

Diese soll nämlich gemäß § 21 Abs. 1 BewG alle sechs Jahre für bebaute und unbebaute Grundstücke erfolgen.

 

Zweck der Regelung ist es, Einheitswerte zu ermitteln, die dem Verkehrswert der Grundstücke zumindest nahe kommen.

 

Der Gesetzgeber hat den Sechsjahreszyklus de facto ausgesetzt mit der Folge, dass sich der tatsächliche Verkehrswert und der Einheitswert auseinanderentwickelt haben.

 

Dies wird vom Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber zuzubilligen ist, nicht gedeckt.

 

Das Bundesverfassungsgericht sieht auch keine Möglichkeit, dass der Gesetzgeber nunmehr die eingetretenen Wertverzerrungen durch Nachfeststellungen oder Wertfortschreibungen und durch Anpassung der Grundsteuerhöhe über die Hebesätze korrigiert.

 

Stattdessen muss der Gesetzgeber bis spätestens 31.12.2019 eine Neuregelung treffen.

 

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hätte angesichts eines Grundsteueraufkommens von ca. 14 Milliarden Euro verheerende Folgen für die Kommunen.

 

Außerdem hätte die Entscheidung für nicht bestandskräftige Einheitswertbescheide und darauf beruhende Grundsteuerbescheide eine Welle von Verwaltungsverfahren zur Folge.

 

Schließlich hätten nicht nur bereits getätigte Steuerzahlungen rückabgewickelt werden müssen, auch die Nebenkostenabrechnungen von Vermietern gegenüber ihren Mietern wären nach der Entscheidung fehlerhaft gewesen.

 

Auf Vermieter wären erhebliche Rückzahlungsansprüche für unverjährter Zeiträume zugekommen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat, um all dies zu vermeiden, die Fortgeltung des alten Rechts angeordnet.

 

Dies bedeutet, dass bis zum 31.12.2019 die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden dürfen.

 

Die Kommunen können also bis zum 31.12.2019 weiterhin wie bisher Grundsteuer erheben, die Vermieter die Grundsteuer an die Mieter weiterberechnen.

 

Bis zum 31.12.2019 muss der Gesetzgeber eine neue Rechtsgrundlage geschaffen haben.

 

Von diesem Zeitpunkt an, also der Verkündung der Neuregelung dürfen die verfassungswidrigen Bestimmungen weitere fünf Jahre längstens bis 31.12.2024 angewandt werden.

 

Dies ist dem außergewöhnlichen Umsetzungsaufwand geschuldet, der nach Verkündung einer Neuregelung mit einer bundesweiten Neubewertung der Grundstücke verbunden sein wird.

 

RA Raber, 11.04.2018

BVerfG Urteil vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14).

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