Ein Verbraucher hatte einen Handwerksbetrieb mit Elektroinstallationsarbeiten an seinem Haus beauftragt. Zustande gekommen ist der Vertrag mündlich außerhalb der Geschäftsräume des Handwerkers. Nachdem der Handwerker seine Leistung erbracht hatte, widerrief der Verbraucher den Vertrag und zahlte nicht. Der Handwerker klagte.
Entschieden:
Das zuständige Landgericht Essen legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Auch Werkverträge unterfallen im europarechtlichen Sinne dem Begriff der Dienstleistung. Werden solche Verträge durch Telefon oder E-Mail abgeschlossen oder erfolgt der Vertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräume des Handwerkers, z. B. in der Wohnung des Verbrauchers, so steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. In diesen Fällen muss der Handwerker den Verbraucher schriftlich oder in Textform über sein Widerrufsrecht und die Widerrufsfrist von zwei Wochen belehren. Geschieht dies, wie im vorliegenden Fall nicht, so kann der Verbraucher innerhalb von einem Jahr nach Vertragsabschluss widerrufen. So war es im vorliegenden Fall, weshalb der Handwerker leer ausgegangen ist.
Nach der Veröffentlichung des Urteils muss davon ausgegangen werden, dass Verbraucher gezielt vom Widerrufsrecht Gebrauch machen, um nicht zahlen zu müssen. Bei Verträgen mit Verbrauchern ist daher größte Vorsicht geboten. Wenn diese Verträge per E-Mail oder Telefon zustande kommen oder wenn der Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume, beispielsweise in der Wohnung des Verbrauchers zustande kommt, muss über das Widerrufsrecht belehrt werden. Die Widerrufsbelehrung muss den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Ebenfalls beizufügen ist das Widerrufsformular, welches der Verbraucher zum Zwecke des Widerrufs verwenden kann.
Entsprechende Muster finden Sie unter Anlage 2 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EGBGB für die Widerrufsbelehrung und Anlage 2 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB für die Widerrufserklärung. Verwenden Sie in jedem Fall die amtlichen Muster.
Demnach kann mit der Ausführung der Werkleistung nicht begonnen werden, bevor nicht der Verbraucher belehrt wurde und bevor nicht die Widerrufsfrist abgelaufen ist. Dies führt in der Praxis zwangsläufig zu Problemen. Der Verbraucher wird regelmäßig noch vor Ablauf der Widerrufsfrist darauf drängen, dass der Handwerker mit seiner Leistung beginnt.
Gerade in Havariefällen wird dies anders gar nicht möglich sein. Hierfür sieht § 356 Abs. 4 BGB vor, dass das Widerrufsrecht mit der vollständigen Erbringung der Werkleistung erlischt, wenn der Verbraucher vor Beginn der Werkleistung ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Handwerker noch vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung beginnt, bei Geschäften außerhalb von Geschäftsräumen diese Zustimmung dauerhaft durch Datenträger übermittelt wird und der Verbraucher seine Kenntnis bestätigt, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt. Das Problem besteht bei Werkverträgen darin, dass das Widerrufsrecht erst mit vollständiger Erbringung der Dienstleistung erlöschen soll. Vollständige Erbringung einer Werkleistung tritt jedoch erst mit Abnahme ein. Damit könnte der Verbraucher durch Verweigerung der Abnahme verhindern, dass in diesen Fällen sein Widerrufsrecht erlischt.
Meldet sich der Verbraucher telefonisch oder per E-Mail und meldet einen dringenden Reparaturbedarf an, so empfehle ich, den Verbraucher in das Geschäftslokal zu laden und dort mit ihm den Auftrag durchzusprechen und von ihm persönlich unterschreiben zu lassen.
Kommentiert:
Der Europäische Gerichtshof ist um den Verbraucherschutz bemüht. Da der Gerichtshof offensichtlich weder praktischem Bezug hat, noch die Folgen seiner Entscheidungen voraussieht, hilft er weder Verbrauchern noch Handwerkern, sondern schadet beiden zu Gunsten einiger weniger, die es auf Betrug von Handwerkern angelegt haben.
RA Raber, 08.06.2023