Rücktritt vom Bauträgervertrag!

1. Sachverhalt

Das OLG Dresden entschied zwischenzeitlich rechtskräftig am 12.05.2019 über den Kaufpreisrückforderungsanspruch eines Erwerbers im Rahmen eines Bauträgervertrages.

Dieser rügte nach Abnahme des Sondereigentums zahlreiche Mängel, betreffend das Gemeinschaftseigentum und nahm diese nach Fristsetzung zum Anlass, vom Bauträgervertrag zurückzutreten.

Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger stellte fest, dass zahlreiche kleinere Mängel am Gemeinschaftseigentum vorliegen, die in der Summe jedoch nach Abzügen etwa 9,2 % der Kosten des Erwerbspreises ausmachten. Damit stellte sich die Frage, ob die Erheblichkeitsschwelle gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB überschritten war oder nicht. Das OLG stellte fest, dass diese Frage nicht allein mit an Mangelbeseitigungskosten orientierten festen Prozentsätzen beantwortet werden könne, sondern eine umfassende Interessenabwägung voraussetze.

Ungeachtet dessen, stellte das OLG für behebbare Mängel fest, dass insoweit für die Ermittlung der Erheblichkeit auf einen Prozentsatz abgestellt werden könne, nämlich darauf, ob die Mangelbeseitigungskosten mindestens 5 % des Erwerbspreises der jeweiligen Wohnung betragen.

Dabei komme es auf die Mangelbeseitigungskosten bezogen auf das Gemeinschaftseigentum als Ganzes an, nicht lediglich den Miteigentumsanteil des Erwerbers.

Im entschiedenen Fall gab das OLG daher dem Erwerber recht, der Bauträgervertrag war rückabzuwickeln, dem klagenden Käufer stand ein Rückzahlungsanspruch zu.

2. Kommentiert

Die Entscheidung ist in einigen Punkten fragwürdig.

a)

Soweit das Gericht bei der Ermittlung der Mangelbeseitigungskosten nicht auf eine vorliegend vage Baubeschreibung abstellt, sondern auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik ist dagegen nichts einzuwenden. Soweit das Gericht desweiteren die vage Baubeschreibung unter Zugrundelegung des Exposé auslegt, ist auch dem grundsätzlich zu folgen.

b)

Problematisch ist hingegen die Annahme fester Prozentsätze.

Das Gericht führt selbst aus, dass die Erheblichkeitsschwelle anhand einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall ermittelt werden muss, nimmt jedoch eine solche Interessenabwägung angesichts zahlreicher kleiner Mängel gerade nicht vor, sondern schießt sich auf einen festen Prozentsatz ein, den es zuvor zu Gunsten einer Interessenabwägung in Abrede gestellt hat. Die dabei vorgenommene Unterscheidung in behebbare und nicht behebbare Mängel, vermag nicht zu überzeugen. Letztlich führt die Zugrundelegung von Prozentsätzen zu zufälligen und ungerechtfertigten Ergebnissen.

Je nach dem, was der Sachverständige ermittelt, ergibt sich für den Kläger bei 4,9 % eine Klageabweisung, bei 5,1 % die Klagestattgabe, obschon dazwischen keine substantiellen Beträge liegen.

c)

Hinzu kommt, dass einerseits für die Ermittlung der Erheblichkeitsschwelle auf 5 % der Erwerbskosten der einzelnen Wohnung abgestellt wird, anstatt auf den Gesamtbetrag, bestehend aus Kaufpreis und Sanierungskosten der Gesamtimmobilie. Auf diese Weise wirken sich Mängel am Gemeinschaftseigentum, die bezogen auf das Gesamtbauvorhaben kaum ins Gewicht fallen, zwangsläufig bezogen auf die einzelne Wohnung erheblich aus.

Maßstab muss hingegen der Miteigentumsanteil sein, da der einzelne Erwerber auch nur insoweit innerhalb der WEG, etwa nach Ablauf der Gewährleistungsfrist herangezogen wird.

d)

Schließlich führt die Entscheidung für Bauträger zu einer äußerst schwierigen Situation, denn auf 5 % Mängel am Gemeinschaftseigentum kann sich nicht nur ein Käufer, sondern alle Käufer berufen und zurücktreten. Spätestens hier wird deutlich, dass die auf Prozentsätze abhebende Rechtsprechung ohne Beschränkung auf den Miteigentumsanteil völlig aus den Fugen gerät.

e)

Die Entscheidung sollte allerdings auch aus Verbrauchersicht nicht zu falschen Schlüssen führen. Wer glaubt, dass der erleichterte Rücktritt im Bauträgervertrag eine Alternative zum verlorenen fiktiven Schadensersatzanspruch darstellt, könnte ein böses Erwachen erleben, spätestens dann, wenn der Bauträger nach Rücktrittserklärung in Insolvenz geht. Nach der Entscheidung des OLG Dresden ist dies nicht abwegig, sollten dem zurückgetreten Erwerber weitere Erwerber folgen. Dann jedenfalls gibt es keine Kaufpreisrückerstattung, sondern lediglich die Anmeldung zur Insolvenztabelle, verbunden mit dem gleichzeitigen Verlust des Anspruches auf Eintragung als Eigentümer.

Für alle Beteiligten daher: Steine statt Brot!

RA Raber, 23.07.2019 (OLG Dresden, Urteil vom 12.05.2016 – 8 U 438/15)

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