Kündigungsvergütung umsatzsteuerpflichtig?

1. Sachverhalt

    Der Auftragnehmer rechnet nach freier Kündigung des Auftraggebers zum einen die erbrachten Leistungen, letztere mit Umsatzsteuer und darüber hinaus die nicht erbrachten Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen, insoweit ohne Umsatzsteuer ab.

    Diese Abrechnung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH und des BGH (BFH-Urteil vom 26.08.2021 VI R 13/19; BGH-Urteil vom 22.11.2007 VII ZR 83/05).

    In einem dieser typischen Fälle, geschehen in Österreich fragte das zuständige österreichische Obergericht den EuGH, ob nach der Mehrwertsteuerrichtlinie tatsächlich die Kündigungsvergütung, also Vergütung für nicht erbrachte Leistungen mehrwertsteuerpflichtig ist.

    2. Entschieden

    Der EuGH stellt fest, dass auch der Teil der Abrechnung, der auf die nicht erbrachten Leistungen entfällt (Kündigungsvergütung) der Mehrwertsteuerpflicht unterliegt. Voraussetzung für die Steuerbarkeit dieser „Dienstleistung“ ist deren Entgeltlichkeit.

    Dabei komme es nicht darauf an, ob die Vergütung, die der Leistende erhält das Ergebnis einer vorzeitigen Vertragsbeendigung ist oder der Vertragserfüllung.

    Damit weicht die Entscheidung des EuGH von der nationalen deutschen Rechtsprechung ab. Diese hat die Kündigungsvergütung bislang als Vergütung mit Entschädigungscharakter angesehen und damit den Leistungsaustausch verneint.

    3. Was folgt daraus?

    Regelmäßig kündigt der Auftraggeber aus (vermeintlich) wichtigem Grund. Fehlt es am wichtigen Grund, so ist nach der Rechtsprechung des BGH von einer hilfsweise ausgesprochenen freien Kündigung auszugehen.

    Von letzterer geht regelmäßig der Auftragnehmer aus. In diesem Fall erfolgt Abrechnung gem. § 648 BGB, also erbrachte Leistungen einerseits und nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen andererseits.

    Bislang hat der Auftraggeber die erbrachten Leistungen mit Mehrwertsteuer abgerechnet, die nicht erbrachten Leistungen ohne Mehrwertsteuer.

    Nunmehr wird die Gesamtsumme aus erbrachten und nicht erbrachten Leistungen

    Brutto berechnet und abgerechnet. Für laufende Verfahren sollte dementsprechend Nachberechnung der Umsatzsteuer hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erfolgen und ggf. Klageerweiterung.

    Manfred Raber

    Rechtsanwalt

    EuGH-Urteil vom 28.11.2024 - Rs.C-622/23

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