Grundstückskauf oder Erbbaurecht?

Wer sich heute dazu entscheidet, seinen Traum vom Eigenheim Wirklichkeit werden zu lassen, der muss viel Geld mitbringen.

Erschlossene Grundstücke in interessanten Lagen sind kaum vorhanden und dementsprechend teuer, die Materialpreise gehen durch die Decke, die Stundensätze sind aufgrund steigender Tariflöhne ebenfalls massiv angestiegen.

Für viele platzt damit der Traum vom Eigenheim. Grundstückserwerb und Hausbau übersteigen die Möglichkeiten. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, darüber nachzudenken, ob ein Grundstückserwerb wirklich erforderlich ist.

Der Gesetzgeber hat in einer ähnlichen Situation schon vor 100 Jahren hierauf eine Antwort gegeben, nämlich das Erbbaurecht.

1. Was ist ein Erbbaurecht?

Ein Erbbaurecht ist ein Recht, das jeder Grundstückseigentümer vergeben kann.

Zu den großen Erbbaurechtsgebern in Deutschland zählen der Bund, die Länder, Städte und Gemeinden, insbesondere aber auch Kirchen und Stiftungen.

Mit dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages erhält der Erbbaurechtsnehmer das Recht auf einem fremden Grundstück, ein Bauwerk zu haben.

Der Erbbaurechtsgeber bleibt also Eigentümer seines Grundstücks, der Erbbaurechtsnehmer wird Eigentümer des Bauwerks, das er auf diesem Grundstück errichtet.

Entgegen § 94 BGB fallen also Eigentum am Grundstück einerseits und Eigentum am Bauwerk als dessen wesentlicher Bestandteil andererseits auseinander.

Der Erbbaurechtsvertrag wird daher gerne mit einem Pachtvertrag verglichen, woraus auch der umgangssprachliche Begriff eines Erbpachtvertrages herrührt.

Tatsächlich geht das Erbbaurecht hierüber jedoch hinaus, denn es findet nicht lediglich eine Gebrauchsüberlassung des Grundstücks statt, sondern das Erbbaurecht ist eine im Grundbuch eingetragene Belastung des Grundstücks, welches dem Erbbauberechtigten das vererbliche und veräußerliche Recht einräumt, auf dem Grundstück ein Bauwerk zu haben.

Es handelt sich also um ein sogenanntes grundstücksgleiches Recht.

Bildlich ausgedrückt, mag man sich das Erbbaurecht als eigenes Grundstück vorstellen, welches über dem eigentlichen Grundstück schwebt.

Es ist gewissermaßen ein fiktives Grundstück.

2. Wie lange besteht das Erbbaurecht?

Das Erbbaurecht ist ein Recht auf Zeit.

Welchen Zeitraum die Parteien vereinbaren, obliegt ihnen.

Im Regelfall vereinbaren die Parteien 99 Jahre, damit sich die Investitionen des Erbbaurechtsnehmers für das Bauwerk für seine, die nächste und übernächste Generation auch lohnen.

Endet der vereinbarte Zeitraum, so endet auch das Erbbaurecht.

Der Erbbaurechtsgeber, also der Eigentümer des Grundstücks wird auch Eigentümer des darauf errichteten Bauwerks.

Er muss allerdings den Erbbaurechtsnehmer hierfür entschädigen, mindestens i.H.v. 2/3 des Verkehrswerts.

Während der Dauer des Erbbaurechts zahlt der Erbbaurechtsnehmer einen jährlichen Erbbauzins.

Wie hoch dieser ist, entscheiden die Parteien des Vertrages.

3. Wie kommt der Erbbaurechtsvertrag zustande?

Anwendung finden die für Grundstücke geltenden Rechtsvorschriften.

Daher bedarf der Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts der notariellen Beurkundung.

Dieser notarielle Vertrag regelt die Bestellung des Erbbaurechts und dessen Veräußerung an den Erbbaurechtsnehmer.

Darüber hinaus werden darin die Rechtsbeziehungen zwischen den beiden Vertragsparteien geregelt, also die Laufzeit, die Art der Nutzung des zu errichtenden Bauwerks, Instandhaltungsverpflichtungen, Versicherungsobliegenheiten, Lastentragung, Erschließung, Regelungen, die bei Beendigung des Erbbaurechts maßgeblich sind und der Erbbauzins.

Das Notariat sorgt sodann dafür, dass der Eintrag des Erbbaurechts im Grundbuch erfolgt.

4. Grunderwerbsteuer/Grundsteuer

Sowohl der Erwerb eines Grundstücks, als auch der Erwerb eines Erbbaurechts unterliegen der Grunderwerbsteuer.

Maßgeblich ist der Betrag der Gegenleistung, beim Grundstückskauf also der Kaufpreis.

Bei einem Erbbaurecht ist es der Kapitalwert des Erbbauzinses.

Ebenfalls unterliegt das Erbbaurecht der Grundsteuer.

5. Heimfall

Verhält sich der Pächter eines Grundstücks vertragswidrig, so kann dies zur Folge haben, dass der Verpächter wirksam von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch macht.

Eine ähnliche Regelung gibt es auch im Erbbaurechtsvertrag, genannt Heimfall.

Verstößt der Erbbaurechtsnehmer gegen vertragliche Verpflichtungen aus dem notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag, indem er beispielsweise den Erbbauzins nicht bezahlt, das errichtete Bauwerk anders verwendet, als vereinbart, Instandhaltungspflichten nicht nachkommt, vereinbarte Versicherungspflichten verletzt etc., so kann dies zur Folge haben, dass der Erbbaurechtsgeber die Rückübertragung des Erbbaurechts verlangen kann (Heimfall).

Er muss allerdings die Belastungen des Erbbaurechts, die der Erbbaurechtsnehmer begründet hat, beispielsweise im Rahmen der Finanzierung des Bauwerks übernehmen.

Des Weiteren muss er auch im Heimfall den Erbbaurechtsnehmer in vereinbarter Höhe entschädigen, mindestens 2/3 des Gebäudewerts.

6. Finanzieren die Banken die Errichtung eines Bauwerks auf einem

    Erbbaurechtsgrundstück?

Prinzipiell ja.

Sie verlangen allerdings in der Regel einen Mindest(Rest)-Laufzeit und vielfach ein höheres Eigenkapital, als im Falle der Finanzierung eines Bauvorhabens auf eigenem Grund.

Auch ist der Zins bei Baufinanzierungen für Erbbau regelmäßig höher, weil die Banken das Heimfallrisiko berücksichtigen.

7. Fazit

Wer sich für eine Erbbau-Vertrag entscheidet, spart die Kosten für den Grundstückserwerb und kann sein Eigenkapital und Finanzierungsmittel ausschließlich auf die Errichtung des Bauwerks verwenden.

Nachteilig ist, dass ein dauerhafter Grundstückserwerb nicht stattfindet und damit die Rechtsposition des Erbbaurechtsnehmers entweder nach Ablauf der vereinbarten Zeit oder bei Eintritt des Heimfalles wegfällt.

Löst man sich von der vielfach als unerträglich empfundenen Vorstellung, nach 99 Jahren sein Eigentum am Gebäude zu verlieren und wendet man sich rein wirtschaftlichen Betrachtungen zu, so stellt das Erbbaurechtsmodell durchaus eine Alternative zum Grundstückskauf dar.

RA Manfred Raber, 05.01.2022

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